Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

EGraßbritannien. (März 1.) 237 
26. Februar. (Unterhaus.) Währungsdebatte (vgl. Deutsch- 
land und Frankreich). 
Everett beantragt, das Haus möge erklären, es verfolge mit steigen- 
der Besorgnis die fortwährenden Schwankungen im relativen Werte von 
Gold und Silber und stimme gern in die jüngst zum Ausdruck gebrachten 
Ansichten der Regierung Frankreichs der deutschen Reichsregierung und 
Reichsvertretung hinsichtlich der daraus entstehenden Uebel ein; er stelle es 
daher der Regierung als wünschenswert hin, mit andern Mächten auf einer 
internationalen Konferenz zu erwägen, welche Maßregeln zur Beseitigung 
oder Verminderung des Uebels getroffen werden könnten. Schatzsekretär 
Sir W. Harcourt: Es sei irrig, anzunehmen, daß Deutschland seine auf 
der Brüsseler Konferenz vertretene Ansicht zu Gunsten der Goldwährung in 
letzter Zeit verändert habe. Die jüngste Erklärung des Reichskanzlers Fürsten 
zu Hohenlohe sei durchaus nicht dahin zu deuten; dieselbe involviere un- 
zweifelhaft den Wunsch der deutschen Reichsregierung, mit den anderen 
Mächten die Mittel zur Milderung der aus der Entwertung des Silbers 
entstandenen Uebelstände zu erörtern. Falls die deutsche Regierung Vor- 
schläge zu diesem Zwecke mache, sei die englische Regierung bereit, in freund- 
lichem Geiste in die Erörterung einzutreten, obschon sie gleichzeitig an Eng- 
lands Geldumlaufssystem festhalte, da England großes Interesse an der 
Kontinuität auf dem Gebiete der Umlaufsmittel habe. Auf einer Konferenz 
würde man, falls die Frage des Prägungsverhältnisses aufgeworfen würde, 
bald finden, daß die davon berührten Interessen sehr verschiedenartige seien. 
Die Silber produzierenden Länder haben ein klares Interesse, die Silber- 
prägung zu vermehren; diejenigen, welche große Silbervorräte besitzen, deren 
sie sich nicht entledigen können, werden froh sein, sie den größten Gläubigern 
der Welt zu übermitteln. Würde man auf eine internationale Vereinbarung 
eingehen, so habe man keine Sicherheit, daß die Vereinbarung aufrecht er- 
halten werde. Er sei dagegen, daß man die Währung Englands der Gnade 
irgend einer auswärtigen Macht preisgebe, oder sie unter die Kontrolle eines 
Komitees fremder Staaten stelle. Falls Frankreich, Deutschland und die 
Vereinigten Staaten für gut finden, sich zu vereinigen, um den Silberwert 
aufrecht zu erhalten, so werde England nichts dagegen einwenden, obschon 
es möglich sei, daß es sich diesen Staaten nicht anschlösse. Redner weist 
den Gedanken zurück, daß hohe Warenpreise hohe Löhne herbeiführten; bei 
hohen Preisen seien vielmehr die Löhne am niedrigsten. Die in Beratung 
stehende Resolution enthalte zwei Propositionen, von welchen er nicht ab- 
weichen wolle. Hätte die Resolution eine Verpflichtung Englands zur 
Doppelwährung umfaßt, so würde er sich ihr auf das äußerste widersetzt 
haben. (Lauter Beifall.) Die Resolution empfehle sich indessen gleichmäßig 
den Monometallisten und den Bimetallisten, und er hoffe, nichts was er gesagt 
habe, werde irgend ein Land zu dem Glauben veranlassen, daß irgend eine 
Aenderung in den Grundlagen der englischen Währung wahrscheinlich sei. 
Der Antrag wird ohne Abstimmung angenommen. 
1. März. (Unterhaus.) Vorlegung der Novelle zum Fa- 
brikgesetz. 
Der Zweck der Vorlage ist, billige Bedingungen der Sicherheit für 
Leben und Gesundheit der Arbeiter zu schaffen. Die Bill behandelt unter 
anderem Ueberfüllung der Fabriken und Werkstätten, verbietet, daß Kinder 
und junge Personen in Bewegung befindliche Maschinen reinigen, sie ent- 
hält ferner Bestimmungen über das sogenannte „Schwitzsystem“, verbietet 
die Ueberstunden für Personen unter 18 Jahren und schränkt die Ueberzeit
	        
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