258 Krankreich. (Juni.—Juli 16.)
erklärliche Zurückhaltung der Unterstützung entziehen wollen, die man
von ihm forderte. Ueber das Verhältnis zu Rußland sagt er: „Zwei
große Mächte, die sich eine zu andern hingezogen gefühlt haben durch ihre
Empfindungen und wechselseitigen Interessen, haben sich die Hand gereicht.
Sie haben ein Einvernehmen geschlossen (elles ont nouê une entente), die
sie auf natürliche Weise annähert in der unablässigen Arbeit der laufenden
Politik, die stets friedlich ist und ihnen ihre wechselseitige Sicherheit gewähr-
leistet.“ Ministerpräsident Ribot fügt hinzu: „Frankreich hat seine In-
teressen mit denen einer anderen Nation verbunden zu Gunsten des euro-
päischen Friedens. Es hat sich in Europa etwas verändert seit 1891. Diese
Allianz macht heut unsere Stärke aus."“
Juni. Die Presse über die Reden Hanotaux und Ribots.
Die republikanischen Blätter betonen, daß zum ersten Mal die Re-
gierung von dem russisch-französischen Bündnis gesprochen habe, die Ent-
sendung des Geschwaders nach Kiel sei also nützlich gewesen, da sie die so
lange erwartete Erklärung herbeigeführt habe. Die sozialistischen und
monarchischen Blätter greifen die Regierung heftig an.
Auch deutsche Blätter beschäftigen sich viel mit den Erklärungen über
die Allianz. So schreibt die „Frankf. Ztg."“: „Ein Fakum, das klein, aber
charakteristisch ist. Der Minister des Auswärtigen, Herr Hanotaux, hatte
sich äußerst vorsichtig über die Bündnisfrage ausgedrückt. Herr Ribot
hingegen hatte laut ins Allianz-Horn gestoßen, daß es wie eine Sieges-
Fanfare klang. Er hatte gesagt — und wir alle auf den Tribünen haben
es gehört —: „Cette alliance fait aujourd’hui notre force." Diese be-
deutsamen Worte fehlen heute im „Journal Officiel“; Herr Ribot hat fie
nach der Sitzung im stenographischen Bericht gestrichen. Es bleiben also
nur die äußerst diplomatischen Wendungen des Minister des Aeußeren übrig,
der von einer Entente zu defensiven Zwecken sprach. Worin diese Entente
besteht, an welche Bedingungen sie geknüpft ist — das alles bleibt nach
wie vor im Dunkeln.“
13. Juni. (Paris.) Anderung in der Kolonialverwaltung.
Die Regierung beschließt, die vier Kolonieen am Senegal, im Sudan,
in Guinea und an der Elfenbeinküste unter den Befehl eines Generalgouver-
neurs zu stellen, der seinen Wohnsitz am Senegal hat.
17. Juni. (Paris.) Der russische Botschafter Mohrenheim
überreicht dem Präsidenten der Republik den Andreasorden.
6. Juli. Die Kammer genehmigt ein neues Gesetz zur Ver-
hinderung der Spionage und des Landesverrats.
8. Juli. Die Deputiertenkammer genehmigt mit 523
gegen 11 Stimmen ein Zollabkommen mit der Schweiz, das die
Tarife herabsetzt und den Zollkrieg beendigt.
8. Juli. Die Deputiertenkammer fordert die Regierung
auf, so bald wie möglich über einen Vertrag wegen eines ständigen
Schiedsgerichts zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten
in Verhandlung zu treten.
Juli. Frankreich, Deutschland und Marokko. Siehe S. 164.
16. Juli. (Paris.) Ehrenlegion.