Italien. (April 21.—Mai 23.) 265
minderung um 106 Millionen Franken in der Schatzschuld für die statuten-
mäßigen Vorschüsse der Emmissionsbanken; diese Vorschüsse sind nunmehr
vollständig zurückgezahlt; 3) eine Abnahme in dem Gesamtstande des Kassa-
konto und der Kreditkonti des Schatzamts um 873000 Lire; 4) eine
Verminderung des gesamten Schuldenstandes des Schatzamts um 98600000
Lire. Die totale Besserung der Rechnung des Schatzamts beläuft sich auf
97800000 Lire.
21. April. (Rom.) Versammlung zu Gunsten der Wieder-
herstellung der Handelsbeziehungen zu Frankreich.
Vertreter von 40 Handelskammern, 14 anderen Kammern und 10
Vereinen sprechen einstimmig die Hoffnung aus, daß dem gleichzeitigen Vor-
gehen der italienischen und französischen Handelskammern die allmähliche
Herstellung der franzöfisch-italienischen Handelsbeziehungen gelingen möge.
24. April. (Rom.) Giolitti vor Gericht (vgl. S. 264 u. 1894).
Der Kassationshof hebt den Beschluß der Anklagekammer auf, so-
wohl bezüglich der Unterschlagung von Dokumenten wie auch bezüglich der
Verleumdungsklagen. Für ein weiteres Vorgehen gegen Giolitti bedarf es
daher nun der Intervention der Deputiertenkammer.
8. Mai. (Rom.) Auflösung der Kammer.
Dem Auflösungsdekret ist ein Bericht der Minister an den König
beigefügt, worin ausgeführt wird, daß die Kammer nicht die Garantien
für eine fruchtbare Behandlung der ernsten politischen Fragen biete. Der
Termin der Auflösung sei so lange verschoben, um die Wahllisten inzwischen
einer Durchsicht zu unterziehen.
Mai. Agitationsreden der Finanzminister.
Schatzminister Sonnino erklärt in einer Rede zu San Casciano
(16. Mai), sein im Dezember 1894 aufgestelltes Programm habe sich bewahr-
heitet, namentlich seien in der Verwaltung Ersparnisse erzielt worden. Finanz-
minister Boselli (Savona, 21. Mai) widerlegt die Behauptung der Oppo-
sition, daß die Steuern mangelhaft eingingen, die Voranschläge der Re-
ierung nicht realisiert würden und daß die Steuerkraft des Landes erschöpft
sei. Er legt dar, daß die Einnahmen die Voranschläge um 14 Millionen
überschreiten und der Kassenbestand in den ersten zehn Monaten des Etats-
jahres 1894/95 24 Millionen mehr als in der gleichen Periode des Jahres
1893/94 betragen hat.
23. Mai. (Rom.) Ministerpräfident Crispi hält auf einem
ihm zu Ehren veranstalteten Bankett, an dem viele Senatoren und
Politiker teilnehmen, eine große Wahlrede.
Er führt aus, er habe 1893 auf den Ruf des Königs und Landes
die Regierung übernommen, trotzdem keine Majorität vorhanden gewesen
sei. Die früheren Regierungen hätten Italien mehr geschadet als eine verlorene
Schlacht. Er habe die Kammer vergeblich um einen Gottesfrieden gebeten; un-
fähig zu sachlicher Arbeit habe t ihn durch Verläumdungen bekämpft.
Darum sei sie vertagt worden, und das Land billige die Haltung der Re-
gierung. Niemals sei Italien im Auslande geachteter gewesen als jetzt.
Der sozialen Frage habe die Regierung ernste Studien gewidmet, trotzdem
werde sie von den verbündeten Sozialisten und Anarchisten bekämpft. Ueber
die Finanzlage sagt er: Wir haben eine Grundlage für das Budget;
wir haben die Ausgaben um 80 Millionen verringert und die Einnahmen