270 Italien. (Oktober Anfang.—November 28.)
Anfang Oktober. Neuer Krieg mit Abefsynien (vgl. Ubersicht).
22. Oktober. (Torre del Greco.) Rugghero Bonghi f.
(Vgl. 1894 S. 229 und Mühling, „Nation“ 1896, 6.)
Oktober. Vereitelter Besuch des Königs von Portugal in Rom.
Anfangs Oktober kündigt die „Riforma“" den bevorstehenden Besuch
des Königs von Portugal in Rom an. Bald darauf wird jedoch behauptet,
der Vatikan suche den Besuch zu hintertreiben und Don Carlos wolle den
König Humbert in Monza begrüßen, worauf jedoch dieser nicht eingehen
wolle. In der That unterbleibt der Besuch. Die „Riforma“" berichtet
darüber: erstens, der portugiesische Gesandte beim Quirinal habe sich am
1. Oktober ins Ministerium begeben, um anzuzeigen, daß der König von
Portugal zwischen dem 15. und 25. Oktober nach Rom kommen würde, um
in offizieller Weise den König von Italien im Quirinal zu besuchen; zwei-
tens, daß das italienische Kabinett niemals irgend welchen Schritt gethan
habe, um den Wunsch auszudrücken, daß der König von Portugal hierher
komme, weder privatim noch officiell nach Rom oder nach Monza; drittens,
daß man festhalten müsse, die portugiesischen Minister würden die feierliche
Ankündigung sicher nicht gemacht haben, ohne vorher sorgfältig alle Schwierig-
keiten zu erwägen, die man der Verwirklichung der Reise des Königs ent-
gegensetzen könnte.
28. November. (Deputiertenkammer.) Crispi über die
innere und äußere Politik. Blanc über Kolonialpolitik und Ar-
menien.
Ministerpräsident Crispi führt aus, die Verhältnisse der öffentlichen
Sicherheit seien zwar nicht solche, wie man sie wünschen würde; aber seit
dem Jahre 1894 mache sich eine fortschreitende Besserung wahrnehmbar.
Das Räuber-Unwesen sei in Sardinien nahezu ausgerottet. Die Polizei
und die Karabinieri hätten wahre Wunder an Geduld und Mut verrichtet.
Die Ausnahmegesetze, welche die Kammer im vorigen Jahre beschlossen
habe, seien durch die Thatsachen gerechtfertigt. Der Sozialismus sei, wie
man denselben gewöhnlich verstehe, die Verneinung jeder Freiheit, sowie die
Anarchie der permanente Krieg sei. Sozialismus und Anarchie unterschieden
sich in der Praxis nicht. Ueber die äußere Politik sagt er: „Wir entsenden
unsere Flotte in den Orient, aber nicht mit der Bestimmung, jemandem zu
dienen. Die sechs Mächte sind gegenwärtig einig, an dem Werke des Frie-
dens und der Zivilisation mitzuwirken, und man kann volles Vertrauen
haben, daß der Friede nicht gestört werden wird. Sollte dies aber be-
dauerlicherweise geschehen, werden wir nicht in den alten Fehler verfallen,
sondern unser Recht zu wahren wissen.“
Minister des Auswärtigen Baron Blanc: Die Thätigkeit Italiens
in Afrika sei jetzt eine systematische und praktisch geregelte, ohne daß man
sich kostspieligen und unfruchtbaren Unternehmungen aussetze. Ueber die
Verhandlungen mit der Pforte sagt er: Die erste Phase der Unterhand-
lungen in den armenischen Angelegenheiten, diejenige, in welcher sich Ruß-
land und Frankreich England in den offiziellen Unterhandlungen mit der
Türkei angeschlossen hatten, fand ihren Abschluß durch die offiziellen Mit-
teilungen, welche die Pforte successive den sechs Mächten bezüglich der
Reform-Vorschläge gemacht. In der folgenden und gegenwärtigen Phase
bemühten sich die sechs Großmächte, die zur Wiederherstellung der Ruhe
geeigneten Maßnahmen mit der Pforte zu vereinbaren. Dieses Einver-
nehmen hat die Bestimmung, den europäischen Frieden zu sichern. An unser