Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Elfter Jahrgang. 1895. (36)

Schweden und Norwetzen. (Januar.—Februar 12.) 281 
Beziehung die Selbständigkeit der einzelnen Länder, sie geben ihnen aber 
als Ersatz gegenseitige Stütze und vermehrte Stärke. Möchten meine beiden 
Völker immer das Glück und die Vorteile richtig schätzen, die sie durch die 
Union erworben haben, dann werden sie auch alle Kräfte aufbieten, um 
dieselbe beizubehalten und zu stärken. Die Union von 1814 ist wie alles 
Venschlice der Verbesserung bedürftig. Ihr Grundgedanke aber ist ein 
großer.“ 
Januar. (Stockholm.) Die erste Kammer über die Union. 
Von allen Seiten wird eine Revision des Unionsverhältnisses ver- 
langt, teils fordert man Aufhebung der Handelsbeziehungen zu Norwegen, 
teils Kündigung der Union oder völlige Unterwerfung Norwegens. Die 
Kammer verlangt, daß die Frage der Auflösung des bisherigen gemeinsamen 
Konfulatswesens nicht zum Gegenstande der Verhandlung gemacht werden 
könne, wenn nicht auch gleichzeitig die Regelung der diplomatischen An- 
gelegenheiten in Erwägung gezogen werde. 
31. Januar. (Christiania.) Das Ministerium Stang reicht 
seine Entlassung ein. 
12. Februar. Briefwechsel zwischen dem König und dem nor- 
wegischen Storthingspräsidenten über die Union. 
Der König sendet an den Präsidenten des Storthings Sivert Nielsen 
ein Handschreiben, worin es heißt: „Die Voraussetzungen für die Bildung 
des neuen Kabinetts, welche ich Ihnen mündlich hervorgehoben, gebe ich 
hiermit, um jedem Mißverständnis vorzubeugen, schriftlich zum Ausdruck. 
Ich habe gesagt: Ohne ein beiderseitiges Entgegenkommen ist die Sicherung 
einer dauernden Vereinigung der beiden selbständigen Reiche unmöglich. 
Die Verschiedenheit in den Auffassungen müssen durch eine Uebereinkunft 
beseitigt werden. Die Mehrzahl des Storthings darf mithin nicht den 
Weg der Verhandlungen abweisen, wenn es Veränderungen in den gemein- 
samen Verhältnissen, die seit 1814 bestanden, gilt, wenn meine Absicht, 
konstitutionelle Ratgeber unter den Gesinnungsgenossen der Mehrheit zu 
wählen, ausgeführt werden soll. Es ist mein aufrichtiger Wunsch, daß 
jede Veranlassung zu Streitigkeiten zwischen den beiden Brudervölkern be- 
seitigt wird. Falls, mit diesem Endzweck vor Augen, Reformen der oben- 
genannten Art vorgeschlagen werden sollen, muß ich die Versicherung haben, 
daß in Uebereinstimmung mit der Reichsakte eingeleitete Unionsverhand- 
lungen jeder Entscheidung vorausgehen müssen, die sich auf Veränderungen 
in der Ordnung des Konsulatswesen und der äußern Verwaltung bezieht. 
Ich bitte Sie um schriftliche Beantwortung dieses Schreibens, sobald Sie 
Gelegenheit gehabt haben, mit Ihren Meinungsgenossen zu konferieren." 
Die Vereinigung der Linken des Storthings beschließt dieses könig- 
liche Handschreiben folgendermaßen zu beantworten: „Indem die Linke 
des Storthings auf die in der Reichsakte gegebene, von Storthing wieder- 
holt betonte Grundlage für das Verhältnis zwischen den beiden vereinigten 
Ländern, nämlich: Souveränität jedes Reiches in allen nicht von der Reichs- 
akte als unionell bezeichneten Angelegenheiten hinweist, spricht sie aus, daß 
sie solche Verhandlungen zwischen den beiden Ländern, die mit diesem Grund- 
satz vereinbar sind, nicht abweisen wird. Bezüglich der Ausführung der 
im königlichen Handschreiben erwähnten Absicht wird nach allgemeinen 
Sotutione und parlamentarischen Grundsätzen angenommen, daß die 
Verhandlungen mit dem Manne, dem der König die Bildung einer mit der 
Storthing-Mehrheit zusammenwirkenden Regierung anvertaue, eröffnet werden
	        
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