Allge-
meine
aus-
übersicht
der politischen Entwickelung des Jahres 1895.
Seit Jahren konnte die Betrachtung des Geschichtskalenders
mit der Bemerkung eingeleitet werden, daß keine internationalen
wärtige Verwickelungen von tieferer Bedeutung zu verzeichnen seien. Das
Politik.
Japa-
nisch-
chinefi=
scher
Krieg.
Jahr 1895 hat hierin gründlich Wandel geschaffen; es hat eine
Reihe von Krisen erlebt, die auf die politische Stellung der euro-
päischen und außereuropäischen Mächte von nachhaltigem Einfluß
sein werden. Die erste Hälfte des Jahres stand unter dem Zeichen
des ostafiatischen Krieges und der sich daranschließenden Intervention
der Europäer. Wie im vorigen Jahre so waren auch in diesem die
Japaner fiegreich. Zwar kam ihr Vormarsch in der Mantschurei
infolge des harten Winters ins Stocken, aber durch eine Landung
auf der Halbinsel Kunlun-schan schufen sie sich ein neues Opera-
tionsgebiet (Mitte Januar) und nach wenig Wochen war Wei-
hai-wai, der zweite große Kriegshafen Chinas, in ihren Händen,
die chinesische Flotte vernichtet oder erobert. Einen Monat später
war auch die chinesische Armee in der Mantschurei kampfunfähig
gemacht, und China mußte sich zu ernstlichen Friedensanerbietungen
verstehen. Die Chinesen hatten schon mehrfach Verhandlungsver-
suche gemacht, aber ohne die Unterhändler mit genügenden Voll-
machten auszurüsten, so daß die Japaner, bei denen überdies eine
einflußreiche Partei auf rücksichtslose Fortsetzung des Krieges drängte,
nicht an den Ernst der Anerbietungen glaubten und die Friedens-
boten heimschickten (Februar). Jetzt aber ging der bedeutendste
Staatsmann Chinas, der Vizekönig Li Hung Tschang, mit un-
beschränkter Vollmacht nach Japan, und in der That kam erst