Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierzehnter Jahrgang. 1898. (39)

C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck in München. 
Soeben ist erschienen: 
Ignaz von Böllinger 
Sein Leben 
auf Grund des handschriftlichen Tachlasses 
bearbeitet von 
I. Friedrich. 
Erster und zweiter Teil: 
Don der Geburt bis zum Ablauf der Frankfurter Seit 
1799—1849. 
Geh. à 8 In eleg. Halbfranz gebunden à 10 . 
Diese Biographie des berühmten Gelehrten und Vorkämpfers gegen die 
jesuitische Richtung innerhalb der katholischen Kirche wird überall die lebhafteste 
Beachtung finden, wo man der katholischen Kirche und ihrer inneren Entwicke- 
lung das ihrer Bedeutung in der Gegenwart entsprechende Interesse zuwendet. 
Bis nahe an die Zeit des vatikanischen Konzils heran war Döllinger's Name 
der Typus eines eifrigen, ja „hyperorthodoxen“ Katholiken, und man darf es 
wohl behaupten: die machtvolle Stellung, die der Katholizismus und die katho- 
lische Kirche heute in Deutschland einnehmen, verdanken sie zu einem nicht ge- 
ringen Teil der geistigen Führung Döllingers. Was Döllingers Person 
freilich zur weltgeschichtlichen Bedeutung erhob, — es liegt darin teil- 
weise auch das Tragische in seinem Leben —, das war der von allem 
Anfang an in ihm ausgeprägte Gegensatz gegen den Jesuitismus, 
sowie gegen den von diesem vertretenen Kurialismus und Papalismus, 
— Richtungen, in denen er den wahren Feind der Kirche erkannte. Dieser Gegen- 
satz führte nach dem vatikanischen Konzil zum Ausschlusse Döllinger's aus der 
Kirche, der er so große Dienste geleistet hat, aber die antijesuitische Richtung und 
Bewegung in der Kirche wird sicherlich nicht aussterben und sie wird in Döl- 
linger für alle Zukunft ihr geistiges Haupt und ihren ideellen Führer erkennen. 
Döllinger nimmt eine so bedeutende Stellung in der Geschichte der katho- 
lischen Kirche dieses Jahrhunderts ein, und diese Geschichte ist so wichtig, daß 
eine eingehende, aus der Quelle geschöpfte Biographie dieser bedeutenden kirch- 
lichen Gestalt keiner Rechtfertigung bedarf. Döllinger war aber nicht nur Theo- 
log und Kirchenmann, sondern er stand zugleich auf den Höhen der Bildung 
seiner Zeit. Als Sohn und Enkel zweier bedeutender Mediziner und Naturforscher 
erbte er deren Sinn für exakte Forschung, den er auf dem Gebiet der Kirchen- 
geschichte bethätigte. Als Jüngling war er nahe befreundet mit dem Dichter 
Graf Platen. Die Aufmerksamkeit weiterer Kreise lenkte zum erstenmal auf 
Döllinger dessen litterarische Fehde mit Heinrich Heine, der im 3. Jahrzehnt 
dieses Jahrhunderts längere Zeit in München lebte. Mit den Wortführern des 
Katholizismus aller Länder stand Döllinger im Briefwechsel. Montalembert, 
Lamennais, Kardinal Wisemann standen mit ihm in persönlichem Ver- 
kehr. Gladstone gehörte zu Döllingers nächsten Freunden. Als Präsident 
der bayer. Akademie der Wissenschaften hielt er die berühmten „Akade- 
mischen Vorträge"“, die zu den klassischen Werken der deutschen Litteratur zählen. 
Das auf 3 Bände berechnete monumentale Werk aus der Feder 
Prof. Friedrichs bedarf einer besonderen Empfehlung nicht. Das Lebensbild 
des großen antikurialistischen und antipapistischen Gelehrten 
wird, wie zu hoffen steht, nicht allein innerhalb der katkholischen Kirche 
nachhaltigen Eindruck machen, sondern es ist ebenso sehr geeignet, inner- 
halb der protestantischen Welt Sympathieen zu erregen. 
 
	        
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