Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

2 Bas Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 1.—8.)
 
1. Januar. (Preußen.) Der Kaiser verleiht dem Maler 
      Professor Adolf Menzel den Schwarzen Adlerorden und sendet 
       an den Professor Anton v. Werner, den Präsidenten der Kunst- 
        Akademie, folgendes Telegramm: 
               Ich habe Sr. Excellenz dem Professor Dr. von Menzel Meinen hohen 
Orden vom Schwarzen Adler verliehen; es soll die höchste Ehrung, die 
einem Künstler je zu teil geworden, ein Zeichen Meiner Dankbarkeit sein 
für die durch seine Kunst Meinem Hause geleisteten Dienste, sowie ein Sporn 
werden für die Jünger der Kunst der Malerei, auch auf den von Menzel 
so erfolgreich betretenen Bahnen zu folgen und zu streben, es ihm gleich 
zu tun.                                                                                                 Wilhelm R. 
5. Januar. Der Bundesrat faßt in der Lippe-Detmolder 
     Thronfolgefrage (vgl. 1898 S. 77, 142) folgenden Beschluß: 
1. daß — nachdem die fürstlich schaumburg-lippische Regierung der 
      fürstlich lippischen Regierung das Recht bestritten hat, die Thronfolge in 
Lippe mit den gesetzgebenden Faktoren des Fürstentums selbständig zu regeln, 
nachdem die fürstlich lippische Regierung abgelehnt hat, diesem Einspruche 
der fürstlich schaumburg-lippischen Regierung Folge zu geben, und nachdem 
hierauf die fürstlich schaumburg-lippische Regierung die Entscheidung des 
Bundesrats angerufen hat — die Zuständigkeit des Bundesrats zur Er- 
ledigung der Streitigkeit nach Artikel 76 Absatz 1 der Reichsverfassung 
begründet sei; 2. daß zur Zeit kein hinreichender Anlaß zu einer sachlichen 
Erledigung gegeben sei, da ein mit den Ansprüchen Schaumburg-Lippes 
unvereinbarer Fall der Thronfolge oder Regentschaft in Lippe nicht vor- 
liege; 3. daß durch diesen Beschluß einer späteren Entscheidung über die 
Wirksamkeit der Akte der lippischen Landesgesetzgebung gegenüber den von 
Schaumburg-Lippe erhobenen Thronfolge= und Regentschaftsansprüchen nicht 
vorgegriffen werde; 4. daß auf eine Würdigung aller weiteren an den 
Bundesrat in dieser Sache gelangten Anträge, Erklärungen und Schrift- 
sätze nicht einzugehen sei. 
         Die „Lippesche Landeszeitung“ bemerkt dazu: Für unser Land ist 
die gefallene Entscheidung so ziemlich die schlimmste, welche überhaupt ge- 
troffen werden konnte. Sie bedeutet für uns die Fortdauer eines Zustandes 
der Unruhe und des Unfriedens. 
       5  Januar. (Stuttgart.) Parteitag der Deutschen Volks- 
partei. In der Versammlung wird das Zentrum heftig ange- 
griffen, weil es die Verfassungsreform in Württemberg zu Fall 
gebracht habe. 
        7. Janugr. (Bayern.) Das Ministerium des Innern 
fordert in einem Erlaß die Landgemeindebehörden zu regerer Mit- 
wirkung an der Ausgestaltung der Arbeitsnachweise auf. 
         8. Januar. (Essen.) Der Gewerkverein christlicher Berg- 
arbeiter beschließt folgende Petition an die bergbaulichen Behörden: 
         1. Die Löhne der Arbeiter zu erhöhen entsprechend der günstigen 
Lage des Kohlenmarktes und der notwendigen Kosten der Lebenshaltung. 
2. Arbeiterausschüsse auf den Werken einzuführen zwecks Meinungsaus- 
tausches zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über Wünsche und Be-
	        
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