Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 2.—6.) 99 
dessen Name das alte königliche preußische Panzerschiff über 30 Jahre mit 
Ehren getragen hat, den Namen König Wilhelms. Möge es uns an ihn 
erinnern als den großen Organisator des Heeres und Schmied der großen 
Waffe. Möge der friedliche Bürger und der Gewerbetreibende eine Er- 
mahnung darin erblicken, daß überall in der Welt das Deutsche Reich ihn 
schützt, und möge dem Arbeiter und dem Handwerksmann bei dem Anblick 
dieses Schiffes in Erinnerung gebracht werden die landesväterliche Fürsorge 
des ersten deutschen Kaisers, der er einst durch die kaiserliche Botschaft den 
glänzendsten Ausdruck verliehen hat. Wie das alte Panzerschiff den König 
vergegenwärtigte, so soll das jetzige uns den Kaiser vor Augen führen, 
dem allein wir das Deutsche Reich verdanken, er, der in Demut als Werk- 
zeug Gottes es verstanden hat, die deutschen Fürsten und Völker zusammen- 
zuführen. Durch die Hand der in Ehrfurcht begrüßten Tochter Kaiser 
Wilhelms taufe ich dich „Kaiser Wilhelm der Große“. 
2. Juni. (Kiel.) Der Dichter Klaus Groth, 80 Jahre 
alt, †. 
3. Juni. (Bayerischer Landtag.) Die Abogeordneten- 
kammer genehmigt das von der Reichsratskammer beschlossene Amor- 
tisationsgesetz, wonach Schenkungen oder Zuwendungen von Todes- 
wegen an geistliche Gesellschaften im Werte von mehr als 10000 
Mark der landesherrlichen Genehmigung bedürfen, und daß diese, 
soweit es sich um Gegenstände des unbeweglichen Vermögens handelt, 
auch bei entgeltlichem Erwerb von der gleichen Wertsumme an er- 
forderlich ist. 
6. Juni. (Reichstag.) Vorlegung des Vertrags mit Spanien 
über die Erwerbung der Karolinen. 
Staatssekretär v. Bülow: Ich habe das Wort erbeten, meine Herren, 
um diesem hohen Hause mitzuteilen, daß Deutschland mit Spanien einen 
Staatsvertrag über die Abtretung der Karolinen-, der Palau- und der noch 
in spanischem Besitz befindlichen Marianen abgeschlossen hat. Zur Aus- 
gestaltung der deutschen Besitzungen in der Südsee, wie im Hinblick auf 
die Handelsinteressen, welche wir seit lange auf den Karolinen besitzen, 
haben wir es für unsre Pflicht gehalten, dafür Sorge zu tragen, daß diese 
Inselgruppen bei einem Besitzwechsel für Deutschland nicht verloren gingen. 
Das mit der königlich spanischen Regierung am 12. Februar d. J. getroffene 
Abkommen lautet in deutscher Uebersetzung wie folgt: 
Die kaiserlich deutsche Regierung und die königlich spanische Regie- 
rung sind über die folgenden Punkte übereingekommen: 
1. Spanien wird an Deutschland die Karolinen-Inseln mit den 
Palaus und Marianen, Guam ausgenommen, gegen eine auf 25 Millionen 
Pesetas festgesetzte Geldentschädigung abtreten. 
2. Deutschland wird dem spanischen Handel und den spanischen 
landwirtschaftlichen Unternehmungen auf den Karolinen, den Palaus und 
den Marianen die gleiche Behandlung und die gleichen Erleichterungen ge- 
währen, welche es dem deutschen Handel dort gewähren wird, und wird 
auf den genannten Inseln den spanischen religiösen Ordensgesellschaften die 
gleichen Rechte und die gleichen Freiheiten gewähren, wie den deutschen 
religiösen Ordensgesellschaften. 
3. Spanien wird ein Kohlendepot für die Kriegs- und Handels- 
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