Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 11.) 5
Rindfleisch betrug im Jahre 1891 128 Pf Seitdem hat sich dieser Preis
bis zum September 98 zwischen 121 und 126 Pf , gehalten und betrug im
November 98 125 Pf, mithin immer noch 3 PF niedriger wie im Jahre 1891.
Meine Herren, ich versage mir hier weitere Zahlenangaben, da Sie kaum
geneigt sein sollten, denselben weiter zu folgen. Anders liegen allerdings
die Verhältnisse bezüglich der Preise für Schweine und bezüglich der Klein-
handelspreise für Schweinefleisch. Hier stiegen die Preise fast durchweg,
in einzelnen Orten und Gegenden sogar erheblich. Man darf aber dabei
nicht vergessen, daß die Preise für lebende Schweine im Jahre 1896 einen
ganz ungewöhnlichen Tiefstand erreicht hatten (Sehr richtig! rechts), wenn
man die jetzigen Preise mit den vergangenen vergleichen will. Auch hier
will ich Sie nicht mit vielen Ziffern ermüden, ich will nur darauf hin-
weisen, daß die Durchschnittspreise für Preußen pro Kilogramm Schweine-
fleisch im Jahre 1891 130 Pf betrugen, seitdem bis zum September 1898
zwischen 120 und 144 Pf schwankten, im Oktober auf 143 Pf. und im No-
vember auf 142 Pf zurückgegangen sind. Die meisten Bundesregierungen
erklärten eine Fleischnot für nicht vorhanden und hielten eine vermehrte
Zulassung des auswärtigen Fleisches für nicht notwendig. Mit den von
den Bundesstaaten mitgeteilten Wahrnehmungen steht wesentlich im Ein-
klang das Ergebnis der von dem deutschen Landwirtschaftsrat angestellten,
dem Herrn Reichskanzler in einer ausführlichen Denkschrift übermittelten
sehr eingehenden Untersuchungen, sowie das Resultat einer von dem kaiser-
lichen statistischen Amt für das ganze Reichsgebiet vorgenommenen Fest-
stellung derjenigen Mengen von Fleisch, Speck, Fett u. s. w., welche aus
der heimischen Biehzucht und dem Ueberschuß an Vieh-, Fleisch= u. s. w.
-Einfuhr über die Ausfuhr zur Verfügung stehen. Der Reichskanzler ist
demnach zu der Ueberzeugung gelangt, daß diese Mengen auch dann als
ausreichend für die Volksernährung zu betrachten sind, wenn gebührend
berücksichtigt wird, daß allmählich sowohl eine absolute als auch relative
Steigerung des Fleischbedarfs stattfindet.
Abg. Fischbeck (fr. Vp.) polemisiert gegen die Sperrung der russi-
schen Grenze, obwohl eine Seuchengefahr nicht vorliege. Abg. Gersten-
berger (.Z.): Die inländische Viehzucht müsse im Interesse der kleinen
Bauern begünstigt werden, da diesen Viehzucht wichtiger als Getreidebau
sei. Den Gewinn von den erhöhten Preisen hätten nicht die Landwirte,
sondern die Händler und Fleischer gehabt. Preuß. Landwirtschaftsmin.
v. Hammerstein begründet die Notwendigkeit der Grenzsperre wegen der
Seuchengefahr. Unrichtig sei die Behauptung, daß die Regierung die
seuchenpolizeilichen Vorschriften zum Vorwand nehme, um die ausländische
Einfuhr zu erschweren und die Preise zu steigern. Das Ausland gehe da
strenger vor als Deutschland. Bei der geographischen Lage Deutschlands
sei der Fleischnot am besten zu begegnen durch den Schutz der eigenen Pro-
duktion, aber alles, was in dieser Beziehung geschehe, werde von einer des
nationalen Gefühls in bedenklichem Maße entbehrenden Presse zu Gunsten
des Auslandes vertreten.
Am folgenden Tage sprechen noch die Abgg. Stolle (Soz.) und
Stephan (Z.) für die Oeffnung der Grenze im Interesse der Konsumenten,
die Abgg. Rösicke (wild) und Paasche (nl.) dagegen.
11. Januar. (Reichstag.) Budgetkommission. Debatte
über neue Flottenforderungen. Erklärung von Tirpitz.
Abg. Lieber (Z.) polemisiert gegen Gerüchte, die neue Marine-
forderungen und die Umstoßung des im vorigen Jahre beschlossenen Bau-
planes (1898 S. 80) ankündigten. Er befragt die Regierung, ob diese