8 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 12./13.)
Teilung dieses Armeekorps in 2 nicht mehr von der Hand zu weisen ist.
Dementsprechend soll für Preußen eine neue Division beim XI. Armeekorps
gebildet werden und zwar mit dem Sitz in Erfurt. Der Bezirk dieses
Korps erhält mit den beiden Divifionsstäben in Cassel und Erfurt eine
sehr viel bessere Gestaltung, die durchgehenden Eisenbahnlinien laufen
günstiger und diese gleichartige, seit alten Zeiten verwandte Bevölkerung
der Hessen und Thüringer wird ein vorzügliches Material für dieses
Armeekorps bilden. Das Gleiche ist für das IV. Armeekorps der Fall,
dessen Divisionen mit den Stäben bisher in Magdeburg und Erfurt standen.
Schiebt man die 8. Division nach Halle, so erscheint auch hier ein ab-
gerundeter, leicht übersichtlicher Korpsbezirk, der auch für unsere Mobil-
machung wesentliche Vorteile bietet. Die Bildung neuer Divisionen beim
I. und XIV. Armeekorps scheint mit den eben gemachten Ausführungen
in Widerspruch zu stehen. Diese Inkonsequenz gebe ich theoretisch ohne
weiteres zu; aber es liegen hier doch praktische Bedürfnisse vor, deren Be-
seitigung nicht in unserer Hand liegt. Es wäre gewiß sehr wünschens-
wert, auch dort neue Armeekorps zu errichten; es scheitert dieses jedoch an der
finanziellen Frage und daran, daß, wenn wir noch mehr Truppen nach
den Grenzen ziehen wollten, wir dadurch eine Reihe bestehender Garnisonen
entblößen müßten, die allen Bedingungen entsprechen. Die Verstärkung
der Armeekorps im Osten und Westen beruht eben auf Verhältnissen, die
außerhalb unserer Machtsphäre liegen. Andererseits sind wir uns voll-
ständig über die Aufgaben dieser Truppen im Kriegsfalle klar. Wir
müssen fie so organisieren, daß tatsächlich der Grenzschutz, die Deckung des
Aufmarsches durch diese Truppenteile erreicht wird. Die Verwendung dieser
Truppen bedingt vor allem ein gewisses Zusammenfassen derselben zu
gemeinsamem Wirken, d. h., es ist notwendig, für diese Aufgaben höhere
Stellen zu haben, die die Verantwortung für die Durchführung der Auf-
gaben übernehmen; auch werden die Bedenken dadurch abgeschwächt, daß
diese Divisionen eventuell in den Rahmen ihrer Korps nicht zurücktreten.
Was nun die einzelnen Waffengattungen betrifft, so sind bei der Infanterie,
abgesehen von einem Bataillon, das beim sächsischen Kontingent errichtet
werden soll, Neuformationen nicht beabsichtigt. Es handelt sich bei dieser
Waffe lediglich um Etatsverstärkungen und Etatsausgleichungen
Die wesentlichste Organisationsänderung betrifft die Feldartillerie. Auch
hier ist die Entwicklung der modernen Verhältnisse maßgebend. Der
Entschluß, der Feldartillerie ein neues Material zu geben, ist von einer
Tragweite gewesen, die wohl im allgemeinen unterschätzt worden ist, und
noch jetzt beherrscht dieser zur richtigen Zeit gefaßte Entschluß die militärisch-
politische Lage. Wir sind mit dem Material, das wir eingeführt haben,
vollständig zufrieden, es hat sich durchaus bewährt, und wir werden zum
1. April dieses Jahres sämtliche Batterien umbewaffnet haben. Es scheint
also jetzt der Moment gekommen, sich schlüssig zu machen, ob die gegen-
wärtige Organisation der Feldartillerie auch diesem vervollkommneten
Material entspricht. Diese Frage ist meines Erachtens unbedingt zu ver-
neinen; jede vervollkommnete Maschine verlangt eine andere Bedienung,
eine andere Organisation. Wir sind in unseren Anschauungen noch wesent-
lich von der Zeit Napoleons I. abhängig gewesen; er hat einen großen
Teil seiner Schlachten damit entschieden, daß er Artilleriemassen in Reserve
hielt und dann, nachdem er diese Massen eingesetzt hatte, durch Kartätsch-
feuer auf nahe Entfernung die Entscheidung herbeiführte. Diese Berhält-
nisse treffen nicht mehr zu. Jetzt kommt es vielmehr darauf an, von
diesem sicher treffenden, weittragenden rasanten Geschütz von Anfang an
einen so ausgiebigen Gebrauch zu machen, daß man damit das Gefechtsfeld