Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 8. 9.) 159
als in anderen Bundesstaaten wegen der langen Zugehörigkeit des Reichs-
landes zu Frankreich. („Allg. Ztg“.)
Anfang November. (Bayern und Württemberg.) Der
Staatssekretär v. Podbielski verhandelt mit Bayern und Württem-
berg über die Einführung einheitlicher Postwertzeichen. Württem-
berg ist einverstanden, aber Bayern lehnt ab, so daß die Reform
scheitert.
8. November. (Potsdam.) Das Zarenpaar besucht das
deutsche Kaiserpaar.
9. November. (Sachsen.) Eröffnung des Landtags.
In der Thronrede heißt es, daß die schon über eine längere Reihe
von Jahren sich hinziehenden Mißstände in der sächsischen Landwirtschaft
in fast unverminderter Stärke fortbestehen und durch Arbeitermangel ver-
stärkt seien. Es werde das fortdauernde Bestreben der Regierung sein, nach
Kräften dazu beizutragen, daß auch der Landwirtschaft der Schutz gewährt
werde, dessen sie dringend bedürfe. Die günstige Entwicklung der haupt-
sächlichsten Einnahmequellen habe es ermöglicht, ein Gleichgewicht zwischen
den Einnahmen und den Ausgaben des ordentlichen Etats für die nächste
Periode ohne erhöhte Inanspruchnahme der Steuerkraft herzustellen. Die
Regierung erachte es für ihre Pflicht, der wirtschaftlichen Lage der Beamten
ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die schon längst erstrebte feste
Regelung der finanziellen Verhältnisse des Reiches zu den Bundesstaaten
sei leider noch immer nicht erfolgt. Bei der hohen Wichtigkeit einer solchen
für die Finanzwirtschaft der Bundesstaaten werde die Regierung im Interesse
der endlichen Erreichung derselben auch fernerhin bemüht sein. Für Ver-
mehrung der Betriebsmittel der Staatseisenbahn seien wiederum große
Summen in Bereitschaft gestellt. Die Fürsorge für die Gemeindebeamten
habe ein Gesetzentwurf im Auge, welcher eine durch die bisherigen Erfah-
rungen gebotene Aenderung der Pensionsverhältnisse bezweckt. Ein weiterer
Gesetzentwurf erstrebt die allgemeine obligatorische Krankenversicherung auch
der häuslichen Dienstboten in Anlehnung an die reichsgesetzliche Kranken-
versicherung.
November. Verhandlungen über Samoa. Abschluß des Ver-
trages nach mehrfachen Schwankungen.
Verhandlungen über die Regelungen des Zustandes auf Samoa
waren seit mehreren Monaten im Gange. Durch gelegentliche Mitteilungen
der offiziösen Presse wurde bekannt, daß Deutschland gegen Kompensationen
unter Umständen auf Samoa verzichten könne. Am 3. November veröffent-
licht die „Tägliche Rundschau“ einen Artikel, daß die deutsche Regierung
Samoa gegen eine Inselgruppe Mikronesiens aufgegeben habe. Diese Nach-
richt wird in der kolonialfreundlichen Presse mit großem Bedauern auf-
genommen und die Regierung aufgefordert, an Samoa festzuhalten. Am
9. November wird dann offiziell bekannt gemacht, daß Samoa in deutschen
Besitz übergehen solle, was mit Jubel begrüßt wird.
Der mit England abgeschlossene Vertrag, der am 24. November ver-
öffentlicht wird, lautet: Nachdem die Kommissäre der drei beteiligten
Regierungen in ihrem Bericht vom 18. Juli d. J. die auf eingehende
Prüfung der Sachlage begründete Ansicht ausgesprochen haben, daß es
unmöglich sein würde, den Unruhen und Mißständen, von denen die Samoa-