Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

188 Vie Oesterreithish-Angarishe Menarthhie. (Jan. 19. —Febr. 1.) 
Die Konferenz der Obmänner des Klubs der Deutschen Fortschritts- 
partei, Volkspartei, der freien deutschen Vereinigung, des verfassungstreuen 
Großgrundbesitzes und der Christlichsozialen einigt sich dahin, jene For- 
derungen der Deutschen in Oesterreich zu formulieren, die sie gemeinsam 
der Regierung und den Parteien der Rechten gegenüber zu vertreten ent- 
schlossen sind. Die Forderung in der Sprachenfrage bleibt die Aufhebung 
der Sprachenverordnungen. 
19. Januar. (Wien.) Der Evangelische Oberkirchenrat er- 
klärt sich gegen die Ubertrittsbewegung, soweit ihr nicht religiöse, 
sondern politische Motive zu Grunde liegen. 
27. Januar. (Wien.) Achgeordnetenhaus. Stürmische 
Sitzung. 
Während einer Rede des Jungtschechen Kramarz zur Tagesordnung 
applaudiert ein tschechischer Journalist, der Korrespondent der „Narodni 
Listy“, laut und leidenschaftlich. Die deutsch-nationalen Abgeordneten Wolf 
und Girstmayer eilen in die rechts gelegene Journalistenloge, wo die sla- 
vischen Berichterstatter sitzen, und wollen den betreffenden Journalisten 
hinauswerfen. Diesem kamen jungtschechische Abgeordnete zu Hilfe. Der 
Jungtscheche Pospischill versetzt Wolf rückwärts einen Schlag auf den 
Hinterkopf, worauf Wolf mit einem Fausthieb ins Gesicht Pospischills 
antwortet. Wolf wird in den Korridor vor die Journalistenloge gedrängt 
und von den Jungtschechen Pospischill, Vychodil, Lebloch und Halansky so 
lange mit hageldicht niedersausenden Faustschlägen behandelt, bis ihn die 
Abgeordneten Hofer, Iro, Türk und Hochenburger befreien. Der Tumult 
verpflanzt sich in den Saal, und der Präsident schließt die Sitzung. Am 
31. konstatiert der Präsident, daß die aufs tiefste zu bedauernden Vor- 
kommnisse in der letzten Sitzung nur ein Vertreter der Presse in der Jour- 
nalistenloge durch Zwischenrufe und Beifallsäußerungen veranlaßt hätte. 
Auf Grund der zur Wahrung der Würde des Hauses und der Autorität 
des Präsidenten gepflogenen Erhebungen habe er diesem Vertreter der Presse 
eine Rüge erteilt und eine Disziplinarstrafe über ihn verhängt. Gleich- 
zeitig müsse der Präsident sein tiefstes Bedauern darüber aussprechen, daß 
einige Abgeordnete in die Prärogative des Präfidenten und der Ordner 
eingriffen und sich Befugnisse aneigneten, die ihnen absolut nicht zustehen. 
Er hoffe, daß dieses Monitum genügen werde. Eine Wiederholung solcher 
Vorkommnisse müsse künftig vermieden werden. Damit ist der Zwischenfall 
erledigt. 
31. Januar. (Wien.) Abgeordnetenhaus. In der Beratung 
des Staatsdienergesetzes wird der Antrag der Opposition, daß das 
Gesetz vom 1. Januar an rückwirkende Kraft haben soll, mit 150 
gegen 149 Stimmen angenommen. 
1. Februar. (Wien.) Infolge der Abstimmung über das 
Staatsdienergesetz wird der Reichsrat vertagt. 
Anf. Februar. (Cisleithanien.) Kundgebungen der Par- 
teien nach Schließung des Reichsrats. 
Die Vertreter der Deutschen Volkspartei, der Deutschen Fortschritts- 
partei, des verfassungstreuen Großgrundbesitzes, der Christlichsozialen und 
der freien deutschen Vereinigung einigen sich zu folgender Kundgebung:
	        
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