Bie Gesterreichisch= Angarische Monarchie. (Dezember 4.) 203
in Zukunft nicht auf die Rolle verzichten wollen, welche die Großmacht-
stellung der Monarchie geradezu auferlegt. Die Schwerfälligkeit und
Indolenz, die auf allen wirtschaftlichen Verhältnissen lastet, der vielfach
fortwuchernde fiskalische Geist, der den Aufschwung unterbindet und der
Mangel eines nennenswerten Fortschrittes in der Ausgestaltung der See-
macht bilden mit anderen Gründen ebensoviele Momente, die uns zu
einer sozusagen beschaulichen Existenz verurteilen, während alles fieberhaft
thätig ist. um auf wirtschaftlichem Gebiete einen Vorsprung zu gewinnen.
Die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten kann allein dem nicht erfolg-
reich entgegentreten, trüge aber eine schwere Verantwortung, wenn sie sich
gleichgültig und teilnahmslos verhielte. Deshalb ergreife er — Redner —
jede Gelegenheit, um dem Vorwurfe zu begegnen, daß er seine warnende
Stimme nicht reichtzeitig erhoben habe. Nicht nur in wirtschaftlicher,
sondern zuletzt auch in politischer Hinsicht müßte eine Fortsetzung der
bisherigen Praxis eine ungünstige Gestaltung der Verhältnisse der Monarchie
herbeiführen. Es wäre die höchste Zeit zur Beherzigung der unleugbaren
Thatsache, daß unsere kaum für die Sicherheit der Küsten ausreichende
Marine für weitergehende Aktionen, die das Ansehen der Monarchie oder
der Schutz unserer Staatsangehörigen erheischen könnte, absolut unzulänglich
ist. Jch weiß, daß ich damit ein besonders heikles Thema berühre, aber
ich würde mich grober Pflichtverletzung schuldig machen, wenn ich es über
das Gewissen bringen wollte, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Die
konsequente, systematische Ausgestaltung der Seemachtmittel ist ein Gebot
der Selbsterhaltung geworden, dem man ohne eigene Schädigung sich kaum
mehr verschließen darf.
4. Dezember. (Lemberg.) Smolka, früher Präsident des
Abgeordnetenhauses im Reichsrat, 1.
4. Dezember. (Wien.) Österreichische Delegation. Debatte
über die auswärtige und Handelspolitik.
Abg. Kramarz erklärt, die Tschechen ständen dem Dreibund kühl gegen-
über. Er tadelt das Verhalten der Regierung Serbien gegenüber, welches an
seiner Grenze Greuelthaten dulde. Aus diesem Grunde verweigern die Tschechen
das Budget. Graf Goluchowski: Von einer Seite sei es als auffallend
bezeichnet worden, daß er sich in seinem Exposé so eingehend über den Drei-
bund ausgesprochen habe. Nun sei es aber, wenn man ein klares Bild
der auswärtigen Beziehungen habe, doch unmöglich, den Dreibund als
Basis der Politik des Reiches zu ignorieren. Er habe überdies ausdrücklich
hinzugefügt, daß deshalb keineswegs versäumt werden solle, mit anderen
Staaten gute Beziehungen zu unterhalten. Er habe die Wichtigkeit speziell
der Beziehungen Oesterreich-Ungarns zu Rußland ganz ausdrücklich hervor-
gehoben. Er habe auch alles gethan, dieses vertrauensvolle Verhältnis zu
erhalten und zu kräftigen. Abg. Kramarz habe den Wunsch ausgesprochen,
zu erfahren, welches die positiven Vorteile des Bündnisses mit Deutschland
seien. Er, der Minister, glaube in seinem Exposé bereits gesagt zu haben,
welches diese Vorteile seien und daß dieses Verhältnis bestimmt sei, Oesterreich-
Ungarn und Europa den Frieden zu sichern; und wenn eine solche Kon-
stellation sich 20 Jahre bewährt habe, so sei dies ein Beweis dafür, daß
sie gut ist. Wenn Dr. Kramarz auf die großen Fortschritte hingewiesen
habe, welche Deutschland auf wirtschaftlichem Gebiete gemacht habe, und
dabei speziell die Bagdad-Bahn erwähnt habe, so wolle er (Goluchowski)
diese Fortschritte durchaus nicht leugnen. Man könne aber doch der deutschen
Regierung keinen Vorwurf deswegen machen. In Deutschland interessiere