240 Fran#reich. (Juli 1.— August 3.)
der Sicherheit und des Stolzes von Frankreich ist. Wir denken mit den
bedeutendsten und zuverlässigsten Führern derselben, daß ein unverletzliches
Festhalten an der Disciplin die erste und die wesentlichste Garantie für die
Größe der Armee bildet. Wir find entschlossen, dieselbe mit derselben
Energie zu verteidigen, sowohl gegen die Angriffe, denen sie ausgesetzt sein
könnte, als auch gegen die Beschuldigungen, welche die unzutreffendsten aller
Beleidigungen sind. Wir sehen vor allem in der moralischen Einigkeit
Frankreichs die Hauptbedingung für die zivilisatorische Rolle, für die es
bestimmt ist. Eine Beruhigung wird sofort eintreten, wenn jeder darauf
verzichtet, sich selbst Recht zu verschaffen und Urteilssprüche vorzubereiten
oder zu diktieren, und jeder sich vor dem Gesetze beugt. Um das uns ob-
liegende Werk zu vollenden und alle hiezu nötigen Maßnahmen zu beschließen,
bedürfen wir der Mitwirkung des Parlaments und seines ganzen Vertrauens.
Dasselbe wird uns nach unsern Handlungen, nicht nach unseren Ver-
sprechungen beurteilen. Wir verlangen die weitgehendsten Vollmachten von
Ihnen, wogegen wir unfre volle Verantwortlichkeit Ihnen gegenüber
verpfänden. Wir bitten Sie, einen Waffenstillstand zu schließen in den
erregenden Kämpfen, die ein Uebel für die Interessen des Landes sein
könnten, und ohne Verschub die für uns wie für ein gutes Funktionieren
der öffentlichen Dienste notwendigen Gesetze zu genehmigen. Wenn unfre
Anträge Gehör finden, wird die Regierung bald ihr Werk des wirt-
schaftlichen und sozialen Fortschritts wieder aufnehmen, und wir werden
glauben, unfre Pflicht erfüllt zu haben, wenn wir von neuem einer Politik
den Weg eröffnet haben werden, welche geeignet ist, alles das auszuschließen,
was die Republik hindert, sich zu einigen."
1. Juli. Dreyfus landet in Borthalniguer bei Quiberon
und wird sogleich in das Gefängnis von Rennes gebracht.
4. Juli. Vertagung der Kammern.
6. Juli. Depeschenwechsel des Präsidenten Loubet mit dem
Deutschen Kaiser, s. Norwegen.
7. Juli. (Paris.) Der Gouverneur von Paris, Zurlinden,
der die Revision des Dreyfusprozesses mißbilligt, wird durch General
Brugere ersetzt. — Aus demselben Grunde wird General Negrier,
Mitglied des obersten Kriegsrats, zur Disposition gestellt.
Juli. Die Presse über Dreyfus' Behandlung auf der
Teufelsinsel.
Gegen den früheren Kolonialminister Lebon werden in der radikalen
Presse viele Vorwürfe gerichtet, weil er Dreyfus grausam behandelt habe.
Dieser erklärt, er habe infolge amtlicher Berichte über die Möglichkeit einer
Flucht Dreyfus' dessen Hütte mit Pallisaden umgeben lassen und ange-
ordnet, solange die Pallisaden unvollendet sein, Dreyfus des Nachts in
Eisen zu legen.
2. August. Der Minister des Auswärtigen, Delcassé, begibt
sich über Berlin nach St. Petersburg.
3. August. (Paris.) Der Kriegsminister Galliffet richtet
folgenden Erlaß an die Offiziere, die im Dreyfusprozeß als Zeugen
vernommen werden: