Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

244 Erankrei. (November 11.—24.) 
deuren von Armeen bestimmt und in Friedenszeiten an die Spitze 
eines Armeekorps gestellt sind. 
11. November. (Paris.) Der Staatsgerichtshof erklärt sich 
mit 157 gegen 91 Stimmen für zuständig in der Anklage gegen 
Déroulede und Genossen. 
14. November. Die Kammern beginnen ihre Sitzungen 
wieder. — Die Regierung wird in den ersten Tagen von der Rechten 
und Melines Gruppe heftig angegriffen wegen der Begnadigung 
von Dreyfus und des Vorgehens gegen demonstrierende Offiziere. 
Sie erhält aber ein Vertrauensvotum mit 317 gegen 212 Stimmen 
(16. November). 
24. November. (Deputiertenkammer.) Exposee des Mi- 
nisters des Auswärtigen, Delcassé, über die politische Lage. 
Der Minister motiviert das Vorgehen Frankreichs in China. — Die 
Besetzung von Kwangtschauwan ist notwendig geworden durch das Verhalten 
Deutschlands. Wenn wir bei der Teilung auch weniger gut weggekommen 
find als England, so haben wir doch den Punkt genommen, der uns am 
geeignetsten schien. Rußland hat, fügte Delcrassé hinzu, es verstanden, bis 
noch Petschili zu kommen. Was Frankreich anlange, so liege die Zone 
seines Einflusses bei Tonking. Wichtig für uns ist, daß China sich ver- 
pflichtet, die Schantung benachbarten Provinzen keinem Einfluß einer aus- 
wärtigen Macht ausschließlich zu eröffnen. Wir müssen darauf bedacht 
sein, China für jedes auswärtige Unternehmen offen zu halten. Wir haben 
in China keine Schwächung erfahren. (Beifall.) Delcassé geht sodann zur 
Besprechung des Krieges in Südafrisa über und erklärt, daß er für Ver- 
mittlung und Schiedsgericht sei. Aber er sei auch der Ansicht, daß er 
hiezu nicht die Initiative ergreifen dürfe, da die Mächte die in der Haager 
Konferenz getroffenen Abmachungen noch nicht unterzeichnet hätten. Redner 
berührt die Kritiken gewisser Blätter in der Faschoda-Frage, die diese 
Blätter exploitiert hätten als eine nationale Erniedrigung und sagt, die 
Regierung habe diese völlig gerechtfertigte Entscheidung treffen müssen, ob- 
wohl sie ihr grausam erschienen sei. Man habe ihr daraus ein Verbrechen 
gemacht und doch sei wenige Monate später der Vertrag unterzeichnet worden, 
der Frankreich weite Gebiete einräumte und die Einheit des französischen 
Reiches in Afrika schuf. Delcassét erinnert an die Unterzeichnung des 
Handelsabkommens mit Italien, das für beide Länder gleich zufriedenstellend 
sei und die freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder 
hergestellt habe. (Beifall.) Dann kam die Konferenz im Haag, wo die Ver- 
treter Frankreichs ihre Pflicht ganz gethan hätten (Beifall). Die Gegner 
der Regierung wollten, daß Frankreich überall seine Hand im Spiel haben 
müsse und forderten weiter unaufhörlich eine Vergrößerung des Gebiets, 
als wenn Frankreich nicht ein ungeheures Kolonialreich besäße, das zuerst 
erschlossen werden müsse. (Beifall.) Wir haben nur unsre Interessen zu be- 
rücksichtigen und nicht nach zweideutiger Popularität zu haschen. (Beifall.) 
In Ansehung unfrer vitalen Interessen und im Hinblick darauf, daß die 
Bevölkerung Frankreichs kaum noch zunimmt, ist die Regierung zu dem 
Schluß gekommen, daß sie weniger sich um die Vergroßerung des fran- 
zösischen Gebiets, als darum bemühen solle, das zu behalten, was fie bereits 
besitze. Delcassé weist sodann hin auf das mit den Vereinigten Staaten
	        
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