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daß es nicht mit dem von seinem Amtsvorgänger veranschlagten Fehlbetrag
von 31 Millionen abschließen werde; vielmehr werde sich infolge der vom
Redner geplanten Maßnahmen und unter Zugrundelegung der in den ab-
gelaufenen vier ersten Rechnungsmonaten festgestellten Mehreinnahmen von
15 Millionen gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres das Gleich-
gewicht ergeben. Den im letzten Budget enthaltenen ungenügenden Ausgabe-
posten für Kriegsschiffbauten gedenkt der Minister ohne Vornahme irgend-
welcher Kreditoperationen dadurch abzuhelfen, daß durch vier Budgetjahre
aus den Beständen des Schatzamtes ein jährlicher Vorschuß von 10 Millionen
geleistet werde, der später durch gesetzlich festzulegende organische Ersparnisse
im Marineetat zurückzubezahlen sei. Das Budget für das Rechnungsjahr
vom 1. Juli 1900 bis 30. Juni 1901 weist rechnungsmäßig einen Fehl-
betrag von nicht ganz 14 Millionen Lire auf, da ähnlich wie im Vorjahre
einem Ueberschuß von 150,000 Lire ein Fehlbetrag von nahezu 14 Millionen
infolge Tilgung einlösbarer Schulden gegenüberstehe. Es müsse aber auch
dieses Jahr angenommen werden, daß die zu erwartenden Mehreinnahmen
gegenüber dem vorsichtig aufgestellten Voranschlag das Gleichgewicht im
Staatshaushalt herstellen würden. Von einzelnen Vorlagen seines Ressorts
kündigte der Minister solche an zur Reform der Fabrikationsabgabe auf
Zucker, zur Einschränkung der Ausgaben für Pensionen und Begrenzung
der Ausgaben für Schiffsbauprämien bei der Handelsmarine auf jährlich
10 Millionen Lire. Andere Vorlagen betreffen die Abschaffung der Ge-
meindesteuern auf mehlhaltige Nahrungsmittel, eine Revision der Gebäude-
steuer-Beranlagung und ähnliche nicht fiskalischen Zwecken dienende, sondern
auf Milderung von Härten und Ungleichheiten im Steuerwesen gerichtete
Maßnahmen. Minister Boselli legte alsdann dar, daß der Staatsschatz sich
infolge der guten Ergebnisse des letzten Betriebsjahres um mehr als 16
Millionen Lire gehoben habe, also günstiger sei, als am Schlusse irgend-
eines der letzten zehn Jahre. Redner besprach des weiteren die Verhältnisse
der konsolidierten Schulden, sowie der sich vortrefflich bewährenden Depot-
und Anleihenkasse und betonte, daß auch die Emissionsinstitute infolge der
günstigen Wirtschaftsverhältnisse des Landes eine wirkliche Besserung auf-
wiesen; die das Bankwesen betreffenden Bestimmungen sollten nicht abge-
ändert, aber deren genaue Einhaltung im Interesse eines gesunden Kredit-
wesens unverrückt im Auge behalten werden.
Anf. Dezember. Ein großer Teil der italienischen Presse be-
grüßt die Rede Chamberlains über ein deutsch-englisches Bündnis
mit Freude.
15. Dezember. Die Kammer beschließt, einen Antrag in
Erwägung zu ziehen, der die Regierung auffordert, eine Unter-
suchung über die sozialen, politischen und administrativen Verhält-
nisse in Neapel und Palermo in ihren Beziehungen zu Maffia und
Camorra anzustellen.