272 Rußland. (Januar 24. 25.)
Mille auf 38.2. Das Land erlitt demnach einen Verlust von 656000
Menschenleben über die Normalzahl und ein Zurückgehen der Bevölkerungs-
ziffer wurde in 152 Kreisen konstatiert. In 13 Gouvernements, in denen
sich die Mißernte 1892 wiederholte, wurden 466 000 Todesfälle über die
Normalzahl gezählt. Hievon entfielen 135 000 auf die Cholera, die übrigen
331000 aber sind auf das Konto der Mißernte zu setzen, d. h. auf die
langsame Entkräftung der Bevölkerung infolge der schlechten und unge-
nügenden Ernährung. Der Gebrauch nahrhafter Speisen im Lande ist
zurückgegangen; der Umfang der Landanteile pro Seele ist geringer geworden,
die Zahl des Viehs hat sich verringert, die Produktivität des Landes ist
gefallen; die mittlere Dauer des Lebens und der zum Arbeiten fähigen
Periode ist geringer, die Zahl der pyhsisch zum Militärdienst untauglichen
Personen dagegen größer geworden; die Anzahl der Bauern, die kein Haus
und keine Wirtschaft besitzen, wächst von Jahr zu Jahr und jede neue
Ernteperiode ruft die drückende, herzverzehrende Befürchtung von neuen
Verlusten, neuem Elend, neuen Notständen und neuen Opfern wach.“
24. Januar. (Helsingfors.) Der Generalgouverneur von
Finland verkündet bei der Eröffnung des außerordentlichen Land-
tags, daß das gesonderte finische Heerwesen aufgehoben und mit
dem russischen verschmolzen werden solle.
25. Januar. Das „Journal de St. Pöôtersbourg“ sagt in
einer Besprechung des Rundschreibens vom 11. Januar:
„Indem das kaiserliche Kabinet die Regierungen auf eine Reihe
von Fragen hinwies, welche die eventuell zusammentretende Konferenz im
Hinblick auf die gemeinsame Ausarbeitung eines detaillierten Programms
zu prüfen haben wird, hat es den Wunsch kundgegeben, in einer für alle
zivilisierten Nationen so hochwichtigen Angelegenheit zu einem vollständigen
Einvernehmen zu gelangen. Gewisse Zeitungen haben bereits vorläufige
Besprechungen des neuen russischen Rundschreibens veröffentlicht. Wenn
wir auch die Bedeutung dieser Zeitungen nicht herabsetzen wollen, so können
wir doch nicht zugeben, daß sie die öffentliche Meinung Europas in ihrer
Mehrheit vertreten, welche sich durchaus zu Gunsten des in dem Rund-
schreiben vom 12. August enthaltenen Gedankens ausgesprochen hat. Bis
die anderen Zeitungen, sobald ihnen der Wortlaut des neuen Rundschreibens
bekannt sein wird, ihre Meinung geäußert haben werden, wollen wir uns
darauf beschränken, die Irrtümer gewisser Preßorgane hervorzuheben.
Einige große englische Blätter behaupten, Rußland hätte bereits vor dem
Zusammentritt der projektirten Konferenz ein Beispiel durch Herabsetzung
der See= und Landstreitkräfte geben müssen. Es ist schwierig, diese Theorie
zu unterschreiben; und da ein Blatt, welches dieselbe aufgestellt hat, den
gesunden Menschenverstand zur Bekräftigung seiner Ausführungen anruft,
so wird es erlaubt sein, zu erwidern, daß der einfache gesunde Menschen-
verstand hinreichend ist, über diese Theorie ein gerechtes Urteil zu fällen. Wo
ist denn die Macht, die den Gedanken haben könnte, ihre Streitkräfte, und
zwar sie allein, zu vermindern, während die anderen in ihren Rüstungen
nicht nur nicht einhalten, sondern sogar dieselben vermehren? Keine Regie-
rung, die sich in richtiger Weise an ihre Pflichten gegen die Nation hält,
kann so gegen die elementarsten Gesetze politischer Voraussicht fehlen. Da
das Regime des bewaffneten Friedens, worauf das russische Kommuniqué
vom 12. August hinwies, sich nicht geändert hat, muß die kaiserliche Regie-
rung gleich den anderen wie früher die Waffe im Arm behalten. Nichts-