Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

Uerd-Inerika. (November 21.—Dezember 5.) 291 
Regierung zu unterwerfen, welche ihnen eine Selbstregierung in der weitesten 
Ausdehnung, die nach den Verhältnissen zu erreichen sei, gewähre. Die 
Filipinos seien infolge der großen Verschiedenheit der einzelnen Stämme 
und Sprachen für eine autonome Selbstverwaltung nicht befähigt und selbst 
eine lokale Selbstverwaltung würde nur unter amerikanischer Leitung 
möglich sein. Sobald die Amerikaner sich zurückziehen würden, würde 
Anarchie ausbrechen, die Fortdauer der amerikanischen Herrschaft würde 
den Filipinos zum größten Segen gereichen. 
21. November. (Paterson.) Der Vizepräsident der Republik, 
Hobert, 1. » 
Anf. Dezember. Die Außerung Chamberlains über ein englisch- 
amerikanisches Bündnis (S. 226) wird von der amerikanischen Presse 
scharf abgewiesen. 
5. Dezember. (Washington.) Der Kongreß tritt zusammen. 
In der Botschaft des Präsidenten heißt es: 
Der auswärtige Handel zeige eine große Zunahme. Der Wert der 
Einfuhr und Ausfuhr zusammen sei in diesem Rechnungsjahr größer, als 
ihn die Geschichte des Landes je aufzuweisen hatte. Die Einfuhr sei pro 
Kopf der Bevölkerung um 20 Prozent geringer als 1870, die Ausfuhr um 
58 Prozent größer. Die einzigen Jahre, in denen die im Auslande ver- 
kauften Erzeugnisse der amerikanischen Industrien die im Auslande gekauften 
überstiegen, seien 1898 und 1899. Die gesamten Staatseinnahmen des im 
Juni zu Ende gegangenen Rechnungsjahres hätten einschließlich der Schuld 
der Central Pacific-Bahn 610 982004 Dollars, die Ausgaben 700093564 
Dollars betragen. Die Einnahmen des laufenden Jahres werden auf 
640 958 112 Dollars, die Ausgaben auf 640 958 112 Dollar geschätzt. Der 
Präsident betont die Notwendigkeit der Verbesserung der Bankgesetzgebung, 
namentlich schlägt er die Zulassung von Nationalbanken vor. Zur Stütze 
des bestehenden Goldstandards und zur Aufrechterhaltung der Parität von 
Gold und Silber und der gleichen Zahlungskraft für jeden Dollar auf dem 
Markt und bei der Schuldenzahlung soll der Schatzsekretär dazu ermächtigt 
werden, Vereinigte Staaten-Bonds zu verkaufen und andere zu diesen 
Zwecken nötige Mittel anzuwenden. Die Ermächtigung soll die Befugnis 
einschließen, lang= und kurzfristige Bonds zu geringerem Zinsfuß, als durch 
Gesetz vom 14. Januar 1875 festgesetzt ist, zu verkaufen. Die gegenwärtige 
Zeit sei geeignet, für die Sicherung der Fortdauer des Goldstandards Vor- 
sorge zu treffen. Das Schatzamt sei gegenwärtig nicht genötigt, zu An- 
leihen zu greifen. Dies sei im vergangenen Mai geschehen und werde auch 
in Zukunft zu geschehen haben. Deshalb sollte jetzt Vorsorge getroffen 
werden, um den Bedürfnissen, wenn sich solche einstellen, zu begegnen. Ein 
Teil der Goldbestände soll dem zur Einlösung von Greenbacks bei Vor- 
zeigung dienenden Fonds in Verwahrung gegeben werden, aber Greenbacks 
sollen nach ihrer Einlösung nicht wieder, ausgenommen gegen Gold aus- 
gegeben werden. Nach einem Hinweis auf die Bedeutung der amerikani- 
schen Handelsmarine sagt der Präsident, es werde dem Lande nicht möglich 
sein, alle Chancen auszunutzen, wenn es selbstzufrieden die Angelegenheiten 
der Heimat betrachte und die Augen gegen die Notwendigkeit verschließe, 
sich seinen Anteil an den wertvollen Rhedereigeschäften der Welt zu sichern. 
Die Botschaft verweist auf die Abhängigkeit Amerikas von der Schiffahrt 
des Auslandes, wie sie während der Heeres= und Flottenoperationen im 
Osten und in Westindien zutage getreten sei. Der Präsident empfiehlt dem 
19“
	        
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