Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

308 Aebersicht der pelitischen Extwichelung des Jahres 1899. 
Matafa als unwählbar nach den Bestimmungen der Berliner 
Samoaakte bezeichnete. Die Partei Matafas bestritt die Gültig- 
keit der Wahl; es kam zum Bürgerkriege, in dem der erwählte 
König geschlagen und zur Flucht auf ein englisches Kriegsschiff ge- 
zwungen wurde (1. Januar). Da somit die Regierung Tanus 
unmöglich war, einigten sich die Konsuln der drei Vertragsstaaten, 
die stärkere Partei als provisorische Regierung anzuerkennen und 
zu ihrem Chef den Präsidenten des Munizipalrats, Dr. Raffel, 
einen Deutschen, zu ernennen (4. Jan. 1899), bis neue Weisungen 
aus der Heimat eingegangen seien. Schon in den nächsten Tagen 
indessen kam es zu Differenzen zwischen den drei Konsuln, da der 
deutsche die Funktion des Oberrichters während der Dauer der 
gegen den Wunsch des Oberrichters eingesetzten provisorischen Re- 
gierung für erloschen ansah, während der englische und amerikanische 
auf ihrer Fortdauer bestanden und dem Oberrichter mit Gewalt 
den Zutritt zu dem von der provisorischen Regierung geschlossenen 
Obergericht eröffneten. Zu dieser Streitfrage, in der Engländer 
und Amerikaner zusammenstanden, kam noch die Vergewaltigung 
eines Deutschen durch den Oberrichter, der jenen wegen einer Aus- 
schreitung widerrechtlich vor sein Forum zog, während er der 
deutschen Konsulargerichtsbarkeit unterstand. Der Gegensatz zwischen 
dem deutschen Konsul und seinen beiden Kollegen wurde akut, als 
nach einigen Wochen die englischen und amerikanischen Vertreter 
übereinkamen, die provisorische Regierung nicht mehr anzuerkennen 
und dem von ihnen protegierten Tanu mit Gewalt zur Anerkennung 
zu verhelfen. Eine Proklamation des amerikanischen Admirals 
Kautz, als des ältesten Seeoffiziers bei Samoa, verkündete, 
daß die Vertreter der Vertragsmächte sich zur Auflösung der 
provisorischen Regierung entschlossen hätten, und daß der Ober- 
richter weitere Weisungen erlassen werde (11. März). Diese Pro- 
klamation wurde erlassen im Namen aller Vertragsmächte, der 
deutsche Konsul hatte ihr indessen nicht zugestimmt und erließ 
2 Tage später eine scharfe Gegenproklamation, in der er aus- 
drücklich erklärte, die provisorische Regierung nach wie vor als die 
allein gesetzliche anzuerkennen. Die englischen und amerikanischen 
Vertreter hoben also die mit dem deutschen Konsul getroffene
	        
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