Das Deusche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 1.) 53
darauf durch ein deutsches Kriegsschiff nach Samoa zurückgeführt. Seiner
Einsetzung als Nachfolger Malietoas stellte sich jedoch eine Gegenpartei
hindernd in den Weg, indem sie Tanu, den unmündigen Sohn Malietoas,
als Thronkandidaten proklamierte. Beide Parteien appellierten an die
Entscheidung des Oberrichters, welcher sich für den Minoritätskandidaten
Tanu aussprach. Infolge dieses Schiedsspruchs kam es sofort in Apia zu
offenem Kampf, bei welchem die Mataafa-Partei siegte. Die Konsuln der
drei Mächte erkannten das fait accompli an und die durch Anhänger des
Mataafa gebildete provisorische Regierung. Die endgültige Regelung der
Thronfolgefrage steht bei den Mächten. Ueber die gesamten Vorkommnisse
auf Samoa behalte ich mir ein abschließendes Urteil bis nach Eingang
und genauer Prüfung des schriftlichen Berichts vor. Ich halte aber an
der Hoffnung fest, daß es gelingen wird, auch die jüngsten Wirren auf
Samoa unter Wahrung der deutschen Rechte und Interessen in einer Weise
beizulegen, die den zwischen den drei beteiligten Regierungen bestehenden
freundschaftlichen Beziehungen entspricht. Daß die Verhältnisse auf Samoa
einer Neuregelung bedürfen, wird im Prinzip von allen Seiten anerkannt.
Es läßt sich nicht leugnen, daß das Tridominat sich nicht bewährt hat.
Wir würden unsererseits bereit sein, in eine „reinliche Scheidung“ zu
willigen, falls die beiden anderen Mächte damit einverstanden sind. So-
lange aber dies Einverständnis nicht vorhanden ist, bleiben wir auf dem
Boden der Akte von 1889 stehen. Wir werden die Rechte, welche uns diese
Akte gewährt, nicht verkürzen und unsere Interessen nicht bescheiden lassen.
Wir respektieren aber auch unsererseits die Rechte, welche anderen kraft der
Samoa-Akte zustehen. — Ferner erklärt der Staatssekretär auf eine An-
frage über die Schädigungen, welche deutsche Reichsangehörige auf Kuba
während der dortigen kriegerischen Wirren erlitten haben: Die Firma
Schmidt & Fischer hat ihre Forderung auf 2½ Millionen angegeben, die
Lobeck'schen Erben ihre Verluste auf 1 Million, die übrigen Schadenersatz-
Forderungen betragen zusammen etwa 800000 M Abg. Hasse hat bereits
anerkannt, daß es nicht leicht sein wird, den Geschädigten zu ihrem Rechte
zu verhelfen. Wir werden nicht aufhören, uns der Reklamationen unserer
Landsleute auch in Kuba nach Möglichkeit anzunehmen und namentlich
darauf hinzuwirken, daß unsere Nationalen nicht schlechter behandelt werden,
als die gleicherweise betroffenen Unterthanen dritter Staaten. — Auf eine
Anfrage des Abg. Richter (fr. Vp.), wie weit die deutsch-englischen Ver-
handlungen gediehen seien und ob wegen des Delagoabai-Vertrages etwas
mitgeteilt werden könne, oder ob die Sache noch Geheimnis sei. Staats-
sekretär v. Bülow erwidert, im Februar vorigen Jahres sei seitens der
englischen Regierung uns ein Vertragsentwurf unterbreitet worden. Der-
selbe sei geprüft worden und im Sommer wurde dem britischen Kabinett
unsererseits ein Gegenentwurf zugestellt. Darauf sei noch keine Antwort
eingegangen. In Bezug auf das Abkommen zwischen Deutschland und
Großbritannien wegen Delagoa sei Geheimhaltung beschlossen worden, er
könne daher nichts darüber mitteilen. Uebrigens handle es sich weniger
um aktuelle Fragen, als um Eventualitäten.
1. März. (Reichstag.) Etat. Angriffe auf die künst-
lerische Ausschmückung des Hauses.
Bei den Ausgaben zur Ausschmückung des Reichstags erklärt Abg.
Lieber (Z.): So, wie es bisher mit der Ausschmückung des Reichstags-
gebäudes gegangen ist, kann es nicht weitergehen. Ueber die neueste, nur
probeweise erfolgte Anbringung einer Malerei kann man nicht hart genug
urteilen. Malerei verdient dieses Bildwerk kaum genannt zu werden; ein