Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

60 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 14.) 
verstärkung im allgemeinen auf richtigen Grundsätzen beruht und den that- 
sächlichen Verhältnissen entspricht. Demzufolge sind die geforderten For- 
mationen ausnahmslos bewilligt worden. Aber es sind auch Aenderungen 
eingetreten, Aenderungen, die ich ihrer Bedeutung nach in wesentliche und 
in weniger wichtige einteilen darf. Wenn ich mich zunächst den letzteren 
zuwende, so ist der Abschluß der Heeresverstärkung von 1902 auf 1903 
verschoben. Ich habe in Bezug hierauf bereits in der Kommission der 
Voraussetzung Ausdruck gegeben, daß selbstverständlich alle Neuformationen 
im Jahre 1902 abgeschlossen sein müßten, und daß für 1903 nur die Ver- 
teilung des Restes der Mannschaften auf die verschiedenen Waffengattungen 
oder Formationen in Betracht kommen könnte. Es ist ja auch bisher so 
verfahren worden. Die Militärverwaltung muß sich auch ohnedies eine 
gewisse Reserve an Mannschaften verfügbar halten, denn es treten in jedem 
Etatsjahr bestimmte Bedürfnisse nach Ausgestaltung einzelner Formationen 
hervor. Hat man die erforderliche Zahl an Mannschaften hierfür nicht 
zur Hand, so müssen die Verpflegungsetats der Truppen geändert werden, 
und es entstehen Unsicherheiten, Mißverständnisse und Kosten, auch leidet 
die Einheitlichkeit der gesamten Etats. Trifft die von mir gemachte 
Voraussetzung zu, so würde ich ein prinzipielles Bedenken in Betreff der 
Aenderung der Jahreszahl nicht geltend zu machen haben. Zweitens ist 
bei der Kavallerie eine Trennung der Maße der Kavallerie und der Jäger 
zu Pferde erfolgt. Ich sehe in dieser Aenderung keine Verbesserung; die 
Jäger zu Pferde sind eine Kavallerietruppe und entspricht daher ihre 
Rangierung zwischen Verkehrstruppen und Train der Bestimmung dieser 
Waffe nicht. Ich kann somit nur dringend bitten, die Fassung der Regie- 
rungsvorlage wiederherzustellen. Drittens ist ausdrücklich vorgesehen, daß 
die Verteilung der Mannschaften auf die einzelnen Waffengattungen durch 
die jährlichen Etatsbewilligungen erfolgen soll. Das ist selbstverständlich 
und auch bisher ist so verfahren worden. Der Vorschlag bietet somit 
nichts Neues und halte ich denselben daher für überflüssig. Nach den 
Darlegungen, die hierüber in der Kommission gemacht worden sind, muß 
ich übrigens annehmen, daß eine Beschränkung der Kommandogewalt durch 
diesen Zusatz in keiner Weise beabsichtigt ist, ich müßte einer solchen Absicht 
sonst auf das entschiedenste entgegentreten. Wenn ich hiermit die weniger 
wichtigen Aenderungen erschöpft habe, so wende ich mich jetzt der schwer- 
wiegendsten Aenderung, der Verringerung der Präsenzstärke um 7006 zu. 
Ich bin in der Presse vielfach der Ansicht begegnet, ich hätte diese Ver- 
ringerung von vornherein für unannehmbar erklären sollen, dann wäre die 
Situation klar gewesen. Ich halte diese Ansicht für falsch; denn kein Be- 
vollmächtigter zum Bundesrat hat das Recht, Anträge für annehmbar oder 
unannehmbar zu erklären, wenn nicht ein bezüglicher Beschluß des Bundes- 
rats vorliegt, so daß mich in dieser Hinsicht kein Vorwurf treffen kann. 
Ich habe mich darauf beschränkt, ruhig und bestimmt zu erklären, wie ich 
für meine Person an der Regierungsvorlage unbedingt festhalten müsse, 
wobei zu berücksichtigen bleibt, daß ja auch die Mitglieder der Kommission 
durch ihre Abstimmung das Votum ihrer Parteien nicht binden. Zudem 
läßt sich bei Anträgen von der Bedeutung, wie der vorliegende, die Konse- 
quenz nicht ohne weiteres übersehen, und bedurfte es eingehender Berech- 
nungen, um nach dieser Richtung hin ein klares Bild zu erhalten. Nach- 
dem diese inzwischen erfolgt sind, kann ich jetzt zu der Frage Stellung 
nehmen. Die von der Budgetkommission vorgeschlagene Zahl von 495 500 
Mann ist eine Durchschnittsziffer; es ist eine Pauschsumme, die von der 
Berechnung der Verpflegungsetats der einzelnen Truppenteile absieht, und 
es dem obersten Kriegsherrn ermöglicht, die Etats der einzelnen Truppen-
	        
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