Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 14.) 61
formationen festzusetzen. Im Prinzip läßt sich hiergegen nichts einwenden,
denn es ist richtig, daß die Festsetzung des Truppenetats im Rahmen der
Gesamt-Präsenzziffer Sache des obersten Kriegsherrn ist, und jährlich haben
nach den hervortretenden Bedürfnissen auch thatsächlich Verschiebungen ein-
zelner Etats stattgefunden. Eine derartige Durchschnittsziffer ist bei einer
stufenweisen Vermehrung der Armee, wie sie die Regierungsvorlage vor-
schlägt, zweckmäßig, da man aus diesem Pauschquantum je nach der fort-
schreitenden Bildung von Truppenteilen und Etatsverstärkungen den Bedarf
an Mannschaften innerhalb der einzelnen Etatsjahre ohne Schwierigkeiten
entnehmen kann. Natürlich muß diese Ziffer so bemessen sein, daß sie eine
Deckung des Bedarfs auch unter allen Umständen sichert. Ist daher das
Prinzip nicht anfechtbar, so ist es doch notwendig, festzustellen, ob die vor-
gesehene Pauschsumme genügt, um die Verpflegungsetats auf diejenige Höhe
zu bringen, welche den militärischen Aufgaben entspricht. Auf Grund
eingehender Berechnungen muß ich die Frage verneinen. Als man im
Jahre 1893 die verkürzte Dienstzeit bei den Fußtruppen einführte, wurde
mit Zustimmung des Reichstags die Etatsstärke der Bataillone auf 600
Mann, die der Bataillone mit hohem Etat auf 660 Mann festgesetzt.
Hierfür war der Grundsatz maßgebend, dem älteren Jahrgang bei der
zweijährigen Dienstzeit annähernd dieselbe Stärke zu geben, wie der bis-
herige zweite und dritte Jahrgang zusammengenommen. Diese Zahl ist
zwar nicht voll erreicht worden, die Richtigkeit dieser Auffassung ist jedoch
nicht zu bestreiten, denn die Jägerbataillone, welche noch heute diesen Etat
haben, sind hierfür ein sprechender Beweis. Als sodann im Jahre 1896
die Notwendigkeit hervortrat, die Truppen erster Linie zu verstärken und
hierfür die vierten Bataillone verwendet wurden, fand eine Verringerung
der Etats der Infanterie statt, um die neuen Truppenteile auf eine einiger-
maßen solide Grundlage zu stellen. Mein Herr Amtsvorgänger rechnete
damit, daß es ausreichen würde, den Etat der Infanteriebataillone um
20 Mann zu verringern. Diese Annahme hat sich als zutreffend nicht
erwiesen. Der Etat von 660 sank auf 639, der von 600 auf 573 und
trotzdem erreichten die Bataillone der neuen Regimenter nur einen Etat
von 501 Mann. In den Bataillonsstärken der übrigen Bundesstaaten
mit eigener Militärverwaltung finden sich noch weitere Varianten. Dieser
Zustand ist auf die Dauer im Interesse der Truppen nicht haltbar und
unbedingt Abhilfe notwendig Die Zahl der ausgebildeten Mannschaften
genügt nicht, um den Truppenteilen einen festen Halt zu geben, in der
Winterperiode ist die Ausrückestärke zu gering, auch ist es nicht möglich,
bei dem geringen Dienststande die weitere Ausbildung der älteren Mann-
schaften sachgemäß zu fördern. Rechnet man Kranke und Abkommandierte
hinzu, so ist die Verwendungsfähigkeit der Truppen zu gewissen Zeiten
überhaupt in Frage gestellt. Es ist daher notwendig, hier die Konsequenzen
der verkürzten Dienstzeit zu ziehen. Die in der Vorlage der verbündeten
Regierungen enthaltene Zahl — 502506 ist so berechnet, daß nach
Abzug der für andere Waffengattungen und besondere Formationen er-
forderlichen Quote so viel Mannschaften für die Infanterie übrig bleiben,
daß die Bataillone auf rund 580 Mann gebracht werden können und
außerdem die notwendige Vermehrung und Verstärkung der Bataillone auf
hohen Etat eintritt. Die Zahl 580 entspricht der Annahme meines Amts-
vorgängers. Legt man diese Zahlen zu Grunde, so läßt sich die zweijährige
Dienstzeit gerade noch durchführen und in den Grenzdistrikten tritt diejenige
Sicherheit ein, welche den militär-politischen Rücksichten entspricht. Will
man die zweijährige Dienstzeit in dem Wunsche, sie auch hinreichend aus-
zugestalten, einführen und durchführen, so ist ein ausreichender Truppenetat