Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 22.—24.) 71
der geplanten transafrikanischen Süd-Nordbahn durch unser Territorium
haben bisher nur ganz vertrauliche Vorbesprechungen stattgefunden, welche
noch zu keiner Entscheidung und zu keiner Entschließung geführt haben.
Wir werden aber selbstverständlich auch in dieser Beziehung nur solchen
Vorschlägen zustimmen, durch welche unsere Rechte nicht verletzt werden und
bei denen unsere Interessen nicht zu kurz kommen.
22. März. Das Preußische Abgeordnetenhaus verwirft
einen Antrag Langerhans (fr. Vp.), die Staatsregierung zu er-
suchen, die zur Einführung der fakultativen Feuerbestattung in
Preußen erforderlichen gesetzgeberischen Maßregeln zu treffen. Dafür
stimmen die Freisinnigen, die Nationalliberalen und einige Frei-
konservative.
23. März. Das Preußische Herrenhaus genehmigt
folgende Resolution über die Gehaltserhöhungen:
„Indem das Herrenhaus die im Etat enthaltenen Gehaltserhöhungen
billigt, erklärt es zugleich, daß es in demselben den Abschluß dieser Be-
wegung sieht und die königliche Staatsregierung ersucht, weitergehenden
agitatorischen Bestrebungen entgegenzutreten." In der Debatte wird die
Frage der Bekämpfung der Sozialdemokratie erörtert; Graf Mirbach
wendet sich gegen das allgemeine Wahlrecht und Graf Klinckowström
fordert ein scharfes Ausnahmegesetz.
24. März. Das Preußische Herrenhaus genehmigt das
Etatsgesetz.
Der Etat balanciert in Einnahme und Ausgabe mit 2326283698
Mark. Fortdauernde Ausgaben sind 2187164 288, einmalige und außer-
ordentliche 139120 410 Mark. — Das Abgeordnetenhaus hat den Etat am
18. März angenommen.
24. März. (Bayerischer Landtag.) Abgeordnetenkammer.
Debatte über den obersten Militärgerichtshof. Erklärung Crails-
heims:
Auf eine Bemerkung des Abg. Wagner (lib.), daß die Regierung
den bayerischen Standpunkt unter schwierigen Verhältnissen gewahrt habe,
erklärt der Minister v. Crailsheim: Die bayerische Regierung sei von
Anfang an auf dem Standpunkte gestanden, daß ein einziges oberstes
deutsches Militärgericht die Verletzung eines bayerischen Reservatrechtes sei.
1881 sei es wenig beachtet worden, daß man einen deutschen Gerichtshof
für zivilrechtliche Fragen der Militärpersonen schaffen wollte. Damals ver-
langte Bayern seinen eigenen Gerichtshof. 1889, als die Frage der
Militärstrafprozeßordnung aktuell wurde, habe Bayern seinen eigenen obersten
Gerichtshof verlangt. Bayern begegnete dabei dem Widerspruch des ganzen
Bundesrates, der hier das Vorhandensein eines Reservatrechtes bestritt.
Bayern konnte sich auf den Fürsten Bismarck berufen, und es drängt mich,
hier das Zeugnis zu geben, daß der größte erste Kanzler stets der treueste
Freund Bayerns war. (Bravo!) Bayern stellte im Bundesrat den An-
trag, auf Errichtung eines eigenen obersten Gerichtshofes, dessen Mitglieder
bei einer Abweichung von der Reichsrechtssprechung an den Sitz des obersten
deutschen Militärgerichtshofes zu einer Plenarberatung gehen sollten. Dieser