Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März-April 3.) 75
dem ganzen deutschen Volke, wenn Ich Ihnen an Ihrem heutigen Ehren-
tage die Gefühle tiefempfundenen Dankes zum Ausdruck bringe für die
aufopfernde Treue, mit welcher Sie als ein leuchtendes Vorbild Ihres ver-
antwortungsvollen Amtes walten. Ihr wohlgeneigter Wilhelm I. R.“
März—April. Samoafrage. Verhältnis der deutschen See-
leute zu den amerikanischen und englischen.
Auf Grund verschiedener Nachrichten gehen Gerüchte durch die Presse,
daß die Mannschaft des deutschen Kreuzers „Falke“ in schlechtesten Be-
ziehungen zu den amerikanischen und englischen Seeleuten vor Samoa
stände. Der Bericht des Kommandant des Falke, Korvetten-Kapitän Schön-
felder, betont dagegen, daß Streitigkeiten nicht vorgefallen seien.
Ende März. Samoafrage. Gemeinsame Kommission.
Deutschland schlägt vor, eine hohe Kommission von je einem Spezial-
bevollmächtigten der drei Mächte zur endgültigen Erledigung aller jetzt
streitigen Fragen nach Samoa zu entsenden. Die amerikanische Regierung
stimmt sogleich zu, etwa eine Woche später auch die englische. Die Be-
schlüsse dieser Kommission müssen einstimmig gefaßt sein, um Geltung zu haben.
Anfang April. (Berlin.) Aeußerung des amerikanischen
Gesandten über die deutsch-amerikanischen Beziehungen.
Die Münchener „Allgem. Ztg.“ berichtet über eine Unterredung mit
White, dem Gesandten der Union: Mr. White betonte, er sei ohne jede
Information über die Gründe, welche England zu einer abfälligen Beur-
teilung der deutschen Politik bezw. des Verhaltens der deutschen Beamten
in Samoa veranlaßten. Jedenfalls könne er versichern, daß man sich in
Amerika durch die Bemühungen der englischen Jingos in eigenen Ent-
schließungen nicht beeinflussen lassen werde, da die amerikanische Regierung
prinzipiell geneigt sei, mit Deutschland in Frieden und Einvernehmen zu
leben. Die bessere amerikanische Presse denke nicht daran, jene Hetzereien
der „gelben“ Presse, die leider aus englischen Kreisen unterstützt werde,
irgendwie ernst zu nehmen. Wenn infolge der Beurteilung, welche die
kriegerischen Ereignisse des vorigen Sommers in einem Teil der deutschen
Presse gefunden, ein Rest von Bitterkeit auch in den Herzen derjenigen
Amerikaner zurückgeblieben sei, die da auf die deutsche Freundschaft stets
einen besonders großen Wert legten, so dürfe man in Deutschland darum
doch nicht klagen, daß die Amerikaner für den Wert einer solchen Freund-
schaft unempfindlich geworden seien, möge auch englischerseits der Versuch
unternommen werden, aus jener Bitterkeit im gegenwärtigen Augenblick
Kapital zu schlagen. Mr. White fügte hinzu, daß sein Ideal allerdings
eine Verbrüderung der drei verwandten Nationen, Deutschlands, Englands
und Amerikas, sei; er könne jedoch nicht verhehlen, daß zur Zeit in Eng-
land gewisse Einflüsse der Erfüllung eines solchen Wunsches feindlich gegen-
überständen; aber er glaube trotzdem, daß die Ursache der gegenwärtigen
Verstimmung zu geringfügig sei, als daß es bei einer entgegenkommenden
Haltung des in seinem eigenen Machtbereich so konsolidiert wie nur mög-
lich dastehenden Deutschland nicht gelingen sollte, dieselbe zu überwinden.
3. April. (Württemberg.) Die Landesversammlung der
evangelischen Arbeitervereine in Reutlingen erklärt jede Verschärfung
der Gesetze zur Verhütung von Terrorismus durch Arbeitgeber
oder Arbeitnehmer für eine Bedrohung der freiheitlichen Rechte
der Arbeiter.