Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Fünfzehnter Jahrgang. 1899. (40)

76 as Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 10. 11.) 
10. April. (Gotha.) Staatsminister v. Strenge verliest 
folgendes Schreiben des Herzogs v. Connaught über die Thronfolge: 
Nach dem allzu frühen Heimgange des Erbprinzen von Koburg und 
Gotha und infolge des bedingten Verzichts des Prinzen von Wales für 
sich und seine Nachkommen auf das Erbfolgerecht in den Herzogtümern 
Koburg und Gotha bin ich nach dem Hausgesetze der nächste zur Thron- 
folge bestimmte Agnat des Herzogshauses. Als solcher bin ich und mein 
Haus bereit, unsre Pflichten gegen unsre angestammten Herzogtümer Ko- 
burg und Gotha zu erfüllen. Ich ermächtige Sie, von meiner vorstehenden 
Erklärung den geeigneten Gebrauch zu machen. Arthur, Herzog von Con- 
naught; Rom, den 6. April 1899. 
In der Presse wird vielfach der Wunsch laut durch ein Reichsgesetz 
die Nachfolge auswärtiger Prinzen in Deutschland künftighin unmöglich 
zu machen. 
April. Teilnahme für die evangelische Bewegung in Oesterreich. 
In Berlin bildet sich ein Hilfsausschuß für die evangelische Be- 
wegung in Oesterreich, dem u. a. Hofprediger Dr. Faber, Dr. Harnack, 
Dr. Hieber, Dr. Kaftan, Nobbe, Professor Freiherr von Soden angehören. 
Sie erlassen folgenden Aufruf: Los von Rom! So schallt es unter den 
Deutschen Oesterreichs von Kronland zu Kronland, von den Städten auf 
die Dörfer. War es im Anfang nur ein Ruf zum Schutze deutscher Art 
wider den Ultramontanismus, so klingt aus ihm je länger, um so deut- 
licher das Verlangen nach evangelischer Wahrheit und Gemeinschaft heraus. 
Um aber zum Ziele zu gelangen, sind die österreichischen Brüder auf unsere 
thatkräftige Teilnahme angewiesen. Deshalb ist es unsere Ehrenpflicht, 
ihnen unsere Hilfe nicht zu versagen. Es handelt sich um die Verbreitung 
evangelischer Schriften und die Versorgung der sich neu bildenden evan- 
gelischen Gemeinden. Der Protestantismus hat dem deutschen Volke den 
reichsten Segen gebracht. Unseren Dank dafür können wir kaum besser ab- 
statten, als wenn wir dazu helfen, daß unsere deutschen Brüder in Oester- 
reich, wie einst schon ihre Väter, an diesem Segen teilnehmen. Darum 
bitten wir alle evangelischen Glaubensgenossen, dies Werk kräftigst zu unter- 
stützen. Gott selbst ruft augenscheinlich uns alle in entscheidungsvoller 
Zeit zur Stärkung der vielen Tausend Hände, die sich nach uns ausstrecken. 
Gegen die Behauptung, die Uebertrittsbewegung sei nur auf poli- 
tische, nicht auf religiöse Motive zurückzuführen, wendet sich u. a. das 
„Sächsische Kirchenblatt.“ 
11. April. (Bayern.) Die Konferenz der bayerischen Bischöfe 
in Freising erläßt folgende Kundgebung: 
Die in Freising versammelten Erzbischöfe und Bischöfe Bayerns 
haben an den Klerus ihrer Diözesen eine gemeinsame Erklärung hinausge- 
geben, welche sich über folgende Hauptpunkte ausspricht: 1. Die Kirche und 
ihr von Gott bestelltes Lehramt, nicht aber ein einzelner Gelehrter, haben 
darüber zu entscheiden, was katholische Wahrheit ist, oder was derselben 
widersprechend ist. 2. Alle wahrhaft guten Katholiken, umsomehr alle 
Priester, müssen den Entscheidungen der Kirche voll und innerlich Gehorsam 
leisten und eifrig darüber wachen, daß sie nicht in jene feinen Schlingen 
verstrickt werden, welche man gerade jetzt gegen den wahren und gegen den 
wahrhaft katholischen Geist bereitet. 3. Die katholische Kirche verwirft 
nicht die Wissenschaft, sondern den Irrtum; sie verdammt keineswegs die 
Freiheit einer gesunden und richtigen Forschung; aber sie verwirft die
	        
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