Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechzehnter Jahrgang. 1900. (41)

Greßbritannien und Irland. (Januar 30.) 201 
samer Thätigkeit mit den Landtruppen landeten, ist nicht zurückgeblieben 
hinter den edelsten Traditionen unserer militärischen Geschichte. Ich bin 
tiefbetrübt, daß so viele kostbare Menschenleben zum Opfer gefallen find, 
aber ich habe mit Stolz und herzlichster Befriedigung den patriotischen Eifer 
und die aus freier Entschließung kommende Loyalität gesehen, mit der meine 
Unterthanen in allen Teilen meines Reiches hervortraten, um teilzunehmen 
an der gemeinsamen Verteidigung der Reichsinteressen. Ich habe das Ver- 
trauen, daß mein Blick sich nicht vergebens auf sie richten wird, wenn ich 
sie ermahne, auszuhalten in ihren Anstrengungen und dieselben zu erneuern, 
bis sie den Kampf um die Aufrechterhaltung des Reiches und um die Siche- 
rung der Suprematie in Südafrika zu einem fiegreichen Ende geführt haben. 
Die Erfahrung eines großen Krieges muß den militärischen Behörden des 
Landes notwendigerweise Lehren von der größten Bedeutung liefern. Ich 
bin überzeugt, daß das Parlament vor keiner Ausgabe zurückschrecken wird, 
die erforderlich ist, um unsere Verteidigungsrüstungen auf gleiche Höhe mit 
den Verantwortlichkeiten zu bringen, die der Besitz eines so großen Reiches 
auferlegt. Zu einer Zeit, wo mehrere andere Nationen ihre Flottenrüstungen 
unter steigenden Anstrengungen und Opfern vervollkommnen, wird die Be- 
sorgtheit, mit der das Parlament für die Schlagfertigkeit der britischen 
Füotte und Küstenverteidigungswerke Vorkehrungen traf, sicherlich nicht 
ermatten. 
30. Januar. Parlamentsdebatten über den südafrikanischen 
Krieg. Erklärung Salisburys. 
Im Unterhause erklärt der Führer der Liberalen Campbell- 
Bannerman seine Bereitwilligkeit, den Krieg mit allen Mitteln fortzu- 
setzen, tadelt aber scharf die Regierung, die den Krieg durch ihre Schroff- 
heit provoziert und mit ungenügenden Vorbereitungen begonnen habe. Lord 
Balfour erwidert, die Streitkräfte der Buren seien vor dem Kriege un- 
bekannt gewesen. In der weiteren Debatte werden scharfe Angriffe gegen 
das Kriegsministerium und Chamberlain erhoben. 
(Oberhaus.) Lord Kimberley: Ich beglückwünsche Salisbury, 
daß er mit Deutschland zu einer Verständigung gelangte und eine Streit- 
frage, die lange bestand, beendete. In der gegenwärtigen Zeit, einer Zeit 
der tiefsten und ernstesten Besorgnis, wird die Regierung weise handeln, 
wenn sie sich auf alle Möglichkeiten, die die Zukunft bringen kann, vor- 
bereitet. Wir alle hoffen auf einen Erfolg, müssen aber auf eine Periode 
von Unglücksfällen gefaßt sein. Wenn auch die Beziehungen zu den fremden 
Mächten freundliche find, so wird es doch gut sein, zu erwägen, was in 
Zukunft sich ereignen könnte, um für jeden Fall vorbereitet zu sein. Ich 
bin gewiß, daß das Land der Regierung zu jedem Schritt, den sie zu diesem 
Zwecke unternimmt, seine Unterstützung angedeihen lassen wird. Was eine 
Kritik der Regierung anbelangt, so bestreite ich, daß es unsere Pflicht ist, 
uns gänzlich der Kritik zu enthalten. Wir sind verpflichtet, der Regierung 
keine Verlegenheiten zu bereiten, aber die Leistungsfähigkeit der Regierung 
wird nicht verringert durch den Hinweis auf gemachte Fehler. Die Kriegs- 
rüstungen Transvaals hätten der Regierung längst bekannt sein müssen. 
Ich kann nicht verstehen, wie angesichts der Kenntnis der Sachlage die Re- 
gierung eine Politik der Gewalt aufnehmen konnte. Die Politiker, welche 
uten Grund zu haben glauben, die Regierung wegen Mangels an Fach- 
enntnis und Voraussicht zu tadeln, wünschen nichts mehr, als die Regie- 
rung zu unterstützen in dem Bestreben, den Krieg mit vollem Erfolg zu 
Ende zu führen. ç 
Premierminister Lord Salisbury: Der Fehler Englands lag in der
	        
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