Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 9. 11.) "
raum nicht mehr ausreicht. Eine Vorlage, welche dem Bedürfnisse nach
einer Verlängerung der Studiendauer unter gleichzeitiger Abkürzung des
juristischen Vorbereitungsdienstes Rechnung trägt, wird den Gegenstand
Ihrer Beschlußfassung bilden. Hieran anschließend wird auch die Vor-
bereitung für den höheren Verwaltungsdienst eine andere Regelung er-
fahren. Die Verhältnisse in den doppelsprachigen Landesteilen des Ostens
der Monarchie haben eine Gestalt angenommen, die die ernsteste Aufmerk-
samkeit der Regierung erheischt. Es ist eine Frage der Selbsterhaltung
für den preußischen Staat, in seinen östlichen Provinzen dem Deutschtum
die politische und wirtschaftliche Stellung zu erhalten, auf die es durch
seine lange, unter der weisen Fürsorge der hohenzollernschen Fürsten ge-
leistete Kulturarbeit gerechten Anspruch erworben hat. Die königliche
Staatsregierung wird die Pflichten, die ihr die Pflege des Deutschtums
im Osten und die Abwehr staatsfeindlicher Bestrebungen auferlegen, mit
Festigkeit und Stetigkeit erfüllen. Sie zählt dabei auf die wirksame und
furchtlose Mitarbeit der deutschen Bevölkerung in jenen Landesteilen und
nicht minder auf die Unterstützung des gesamten Volkes, das ein Zurück-
drängen deutscher Sprache und Sitte als einen Angriff auf die nationale
Ehre und Würde empfindet. Meine Herren! Die Regierung Seiner
Majestät des Königs rechnet auf Ihre verständnisvolle und patriotische
Unterstützung bei Lösung dieser wichtigen Aufgaben. Möge die gemein-
same Arbeit in der bevorstehenden Tagung Ergebnisse zeitigen, die dem
Vaterlande zu dauerndem Segen gereichen! Auf Befehl Seiner Majestät
des Kaisers und Königs erkläre ich den Landtag der Monarchie für eröffnet.
9. Januar. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Finanz-
minister Frhr. v. Rheinbaben legt den Etat vor. Ehrung Miquels.
Nach dem Voranschlag balanciert der Etat in Einnahme und Aus-
gabe mit 2614 167 144 Mark.
Finanzminister v. Rheinbaben betont die Notwendigkeit, in den
Ausgaben sparsam zu sein. Bedenken Sie immer, daß wir den Kredit
unseres Staates ungeschmälert erhalten müssen, um den Staat über die
mageren Jahre sicher hinüber zu führen. Andererseits darf diese Rücksicht
nicht dahin führen, daß wir notwendige und unabweisliche Ausgaben
zurückstellen. Wir sind im Gegenteil dazu übergegangen, diejenigen Auf-
wendungen einzustellen, die notwendig sind, der Industrie über die gegen-
wärtige schwierige Lage hinwegzuhelfen und den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
Als erste Folge der ungünstigen wirtschaftlichen Lage ergibt sich eine Ver-
minderung unserer Einnahmen um 35 Millionen; dagegen aber erhöht
sich ein Teil unserer Ausgaben ebenfalls um 35 Millionen, so daß sich im
Ordinarium ein Mehr von 70 Millionen gegen das Vorjahr ergibt. Wenn
es möglich gewesen ist, diesen erheblichen Ausfall zu tragen, ohne den
Staatskredit in Anspruch zu nehmen und ohne notwendige Ausgaben zu
schmälern, so danken wir dies der Voraussicht und der Fürsorge des
Mannes, der gerade heut vor einem Jahre Ihnen den letzten Staats-
haushalt vorlegte, und der um die Sicherung der Staatsfinanzen sich un-
vergängliche Verdienste erworben hat: dem heimgegangenen Finanzminister
von Miquel. (Lebhafter Beifall.)
11. Januar. (Berlin.) Das Reichsmilitärgericht beschließt
in dem Prozesse wegen Ermordung eines preußischen Rittmeisters
(Jahrg. 1901 S. 127) die Aufhebung des Urteils und Zurückweisung
der Sache an die Berufungsinstanz.