Das NVeutsche Reicz und seine einjelnen Glieder. (Oktober 25./29.) 159
Rindvieh Schafe Schweine
Jau ar nalber oohe
Bestehender Tarif. 6 5 30
1 6 (Spanferkel 1)
Vertragstarif 9 5 3 25.50 1 5 (Spanferkel 1)
10
Regierungsvorlage 25 15 4 12 2
Kommissionsbeschl. 18 18 18 18 18 18
Mindestzoll " 4.40 14.40 14.40 14.40 14.40 14.40
Antr. Wangenheim
(Mindestzoll) 18 18 18 18 18 18
Sozialdem. Antrag frei frei frei frei frei frei
Fleisch, für 1 Doppelzentner:
, . . feinen Tafel-
Lestehender Terrif,“ 1 hrr 5 2
estehender Tarif.
Vertragstariff Schweinefl. 17 17 60 20
and. Fleisch 15
Regierungsvorlage 30 35 75 30
Kommissionsbeschl. 45 60 120 36
Mindestzölle 34 48 96 36
Antr. Wangenheim
(Mindestzoll) 5 60 120 30
Sozialdem. Antrag frei frei frei frei
Abg. Bebel (Soz.) spricht drei Stunden lang gegen die Zollsätze.
Er führt die hohen Fleischpreise auf die durch die Habgier der Agrarier
hervorgerufene Grenzsperre zurück. Die Tierärzte, die die Grenzsperre
mit der Seuchengefahr motivierten, seien nur Werkzeuge der Agrarier,
von denen sie wirtschaftlich abhängig seien. Preußischer Landwirtschafts-
minister v. Podbielski protestiert gegen die Verdächtigung der Tierärzte.
Am 27. Oktober erklärt sich Abg. v. Oldenburg (kons.) für die Bindung
der Viehzölle; die Rechte habe nicht genügend Vertrauen zur Regierung,
um hierauf zu verzichten. Abg. Semler (nl.) spricht für die Regierungs-
vorlage und gegen die Mindestzölle, weil diese einen Zollkrieg hervor-
rufen würden.
Am 28. Oktober erklärt Staatssekretär Graf Posadowsky: Die
Regierung steht vor einem kritischen Augenblick, und ich kann den Mehr-
heitsparteien nur dringend raten, von weitergehenden Forderungen als-
bald abzulassen. Diese weitergehenden Forderungen sind nicht realisier-
ar. Das Jahr 1902 ist für die Landwirtschaft ein ernstes, ein
kritisches Jahr. Ob dieser Zolltarif an der Skylla oder der Charydbdis
scheitert, ist egal. Sollte dieses traurige Ereignis eintreten, so wird sich
auch kein Zollschiff mehr in die Nähe einer so gefährlichen Klippe wagen.
Die zweitausendjährige Geschichte des deutschen Volkes weist leider auf
jeder Seite nach, welches unermeßliche Unglück über Deutschland gekommen
ist, weil sich die Parteien nicht einigen konnten nach außen. Sollte sich
dieser Fall hier wiederholen, so wird das deutsche Volk um eine sehr schwere
Erfahrung reicher werden, und die Mehrheitsparteien werden die Folgen
zu tragen haben. Die warnende Schrift steht an der Wand, und man
braucht kein Daniel zu sein, um sie zu lesen und zu deuten.
Am 29. Oktober werden in mehreren Abstimmungen mehrere An-
träge des Bundes der Landwirte und der Sozialdemokraten abgelehnt,
ein Teil der Anträge des Abg. v. Wangenheim (Bund der Landw.)
wird auf Antrag des Abg. Herold (3.) durch Uebergang zur Tages-
ordnung erledigt. Dagegen stimmen die meisten Konservativen, die Anti-