164 Pas Veische Reith und seine einzelnen Slieder. (November.)
Mehrheit wolle der Linken die Hände binden, um einen Raubzug gegen
die arbeitenden Klassen unternehmen zu können (Große Unruhe). Er stellt
den Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung, der mit 201 gegen 76
Stimmen abgelehnt wird. Abg. Heine (Soz.) spricht dreieinhalbstunden-
lang gegen den Antrag. Abg. Limburg-Stirum (kons.): Der Antrag
sei nötig, weil die Linke durch ihre Obstruktion sich das nur den verbün-
deten Regierungen zustehende Recht der Reichstagsauflösung anmaße und
dadurch das Machtverhältnis zwischen dem Parlamente und den verbün-
deten Regierungen verschiebe, und daß sie ferner ein absolutes Vorrecht
gegen jedes Gesetz, welches ihr nicht passe, für sich in Anspruch nehme.
Abg. Bassermann (ul.): Der Reichstag werde durch die bisherige Art
der Beratung lächerlich, und die gestrige Erklärung Bebels über künftige
Obstruktionen erleichtern den Nationalliberalen die Aenderung der Ge-
schäftsordnung. — Nach langer Debatte vertagt sich das Haus abends
9½ Uhr, da die elektrische Beleuchtung versagt. — Am folgenden Tage
wird der Antrag Aichbichler mit 197 gegen 78 Stimmen angenommen.
November. (Braunschweig.) Regelung der Regentenfrage.
Die Regierung legt dem Landtage einen Entwurf vor, betreffend
diea uthentische Auslegung des Regentschaftsgesetzes von 1879. Demnach
wird das Regentschaftsgesetz ausdrücklich dahin ausgelegt, daß bei einem
etwaigen Wechsel in der Person des erbberechtigten Thronfolgers die Regent-
schaft nicht aufzuhören hat, sondern so lange bestehen bleibt, bis ein an
der aktuellen Ausübung der Regierung nicht behinderter, erbberechtigter
Thronfolger die Regierung antritt. — Auf die durch neuerliche Vorkomm-
nisse veranlaßte Anfrage des herzoglichen Staatsministeriums sei von maß-
gebender Stelle des Reiches kein Zweifel darüber gelassen worden, daß nach
dortiger Auffassung in den tatsächlichen Verhältnissen keinerlei Aenderung
eingetreten ist, die den Bundesrat veranlassen könnte, eine andere als in
dem Bundesratsbeschlusse von 1885 gekennzeichnete Stellung in der Thron-
folgefrage einzunehmen; ebensowenig sei dem herzoglichen Staatsministerium
eine Tatsache bekannt geworden, die zu dem Schlusse berechtige, daß seitens
des Hauses Braunschweig Schritte geschehen seien, eine Entscheidung be-
züglich der schwebenden, an die letzte Thronerledigung im Herzogtum sich
knüpfenden Fragen herbeizuführen. Die Annahme sei also berechtigt, daß
in absehbarer Zeit eine Aenderung in den Verhältnissen des Herzogtums
nicht eintrete (13. November).
Am 24. November beantragt die Justizkommission einstimmig die
Annahme der Regierungsvorlage, die der Landtag am 28. gegen drei
Stimmen genehmigt.
November. Die Presse über den Antrag Aichbichler.
In den Blättern der Linken außer denen der freisinnigen Volks-
partei wird die Behandlung des Antrags als verfassungs= und geschäfts-
ordnungswidrig bezeichnet, Abg. Richter wird als Verräter der Minderheit
bezeichnet, der der Mehrheit Handlangerdienste leiste. Die Presse der
Mehrheit motiviert den Antrag als formell berechtigt und sachlich not-
wendig; die Würde des Reichstags sei durch die Obstruktion herabgesetzt
worden. Zur Charakteristik der Obstruktion gibt in der „Germania“ ein
Berichterstatter folgende Probe von der Rede des Abg. Heine vom 13. No-
vember: „Meine Herren, wie schwierig wird es schon in diesem großen
Saale sein, sämtliche Abgeordnete herbeizurufen. Wir haben eine —, zwei
—, drei —, vier —, fünf —, sechs — Türen. Wenn ich die beiden Türen
neben dem Präsidium mitzähle, so haben wir eine —, zwei —, drei —,
vier —, fünf —, sechs —, sieben —, acht — Türen. Wenn ich noch in