Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 13.) 11
höchste Anerkennung verdient, besitzt auch andere Mittel, um renitente
Kinder zur Ordnung und zum Gehorsam anzuhalten. Nun hat der Abg.
v. Jazdzewski behauptet, daß unsere Schulpolitik im Osten im Widerspruch
zu der Verfassung stehe. In Wirklichkeit befinden wir uns durchaus auf
verfassungsmäßigem Boden. Der Artikel 24 der preußischen Verfassungs-
urkunde stellt in seinem ersten Absatz den Leitsatz auf: „Bei der Errichtung
der öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst
zu berücksichtigen,“ und er spricht im weiteren von der Leitung des reli-
giösen Unterrichtes, den äußeren Angelegenheiten der Volksschule und von
der Anstellung der Lehrer. Wenn unsere Schulpolitik also dahin geht,
daß der Religionsunterricht, soweit es das Verständnis der Kinder pol-
nischer Zunge gestattet, in deutscher Sprache erteilt wird, so liegt darin
keine Verletzung der Verfassung, denn die Verfassung enthält kein Wort
über die Sprache, in welcher der Unterricht erteilt werden soll, und Sie
haben nicht das Recht, etwas in die Verfassung hineinzutragen und hinein-
zuinterpellieren, was nicht darin steht. (Sehr richtig!) Nun wird weiter
von den Polen behauptet, daß die preußische Regierung sie der Mutter-
sprache berauben wolle. Das ist eine völlig unbegründete Beschuldigung,
welche ich mit der größten Entschiedenheit zurückweise. Die preußischen
Staatsbürger polnischer Zunge bedienen sich ihrer Muttersprache in der
Familie, bei geselligen Zusammenkünften, im Verkehr untereinander. (Lachen
bei den Polen.) Kein Mensch hindert sie daran, zu reden, wie ihnen der
Schnabel gewachsen ist. (Heiterkeit.) Aber die Polen sollen auch die
deutsche Sprache kennen lernen (Zuruf des Abg. v. Jazdzewski: Das wollen
wir ja selbst), weil sie im Verkehr mit den Behörden, beim Dienst im
Heere, im geschäftlichen Leben der deutschen Sprache mächtig sein müssen.
(Erneuter Zuruf des Abg. v. Jazdzewski.) Ich habe den Abg. v. Jazdzewski,
während er sprach, nicht ein einzigesmal unterbrochen, und ich würde ihm
sehr dankbar sein, wenn er jetzt auch mich ausreden ließe. (Beifall.) Ich
sage, weil die Polen teilnehmen sollen an den deutschen Kultureinrichtungen,
darum wird der Unterricht in der Volksschule in deutscher Sprache erteilt.
Der Religionsunterricht soll nicht ein Mittel der Germanisierung sein,
dazu ist er nach meiner Ansicht nicht bestimmt, dazu ist er nicht da, die
Bedeutung der Erteilung des Religionsunterrichts in deutscher Sprache,
wo sie angängig ist, liegt vielmehr darin, daß auf diese Weise der Schule
der einheitliche deutsche Charakter gewahrt wird, daß wir so nicht genötigt
sind, den gesamten Unterricht polnischen Lehrern anzuvertrauen, deren Zu-
verlässigkeit oft zu wünschen übrig läßt. (Sehr richtig !) Wir werden
diese Grundsätze, die mit der Verfassung in Einklang stehen und sich in
langer Praxis bewährt haben, auch fernerhin durchführen ohne Kleinlich-
keit, ohne überflüssige Härte, aber auch ohne Zögern und Schwanken.
(Beifall.) Insbesondere werden wir es nicht dulden, daß der Religions-
unterricht gemißbraucht wird, um deutsch-katholische Kinder zu polonisieren.
(Beifall.) Es ist unsere Pflicht, die deutschen katholischen Minoritäten gegen
die Polonisierung zu schützen. (Sehr richtig!) Das ist ein Gebot der
Gerechtigkeit und ein Gebot der Staatsraison, dem wir uns nicht entziehen
werden. Man sucht auf polnischer Seite, die Begriffe polnisch mit katholisch
und deutsch mit protestantisch zu identifizieren. Darin liegt eine Irre-
führung der öffentlichen Meinung (Sehr richtig!), und damit werden der
Regierung Tendenzen imputiert, welche ihr in Wirklichkeit völlig fern liegen.
Die Regierung verlangt und kann verlangen, und sie muß verlangen, daß
sich die Geistlichkeit fern halte von der nationalpolnischen Agitation, da sie
sich gegen den preußischen Staat und gegen das Deutsche Reich richtet,
aber die Regierung denkt nicht daran, den Rechten der katholischen Kirche