II.
Die österreichisch-ungarische Monarchie.
1. Januar. (Pest.) Ministerpräsident v. Szell empfängt
eine Abordnung der liberalen Partei und sagt in einer Ansprache
über die Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zu Osterreich
und zum Auslande:
Die Feststellung des Zolltarifs bilde den ersten Punkt des Arbeits-
programms. Die Schwierigkeit der Lösung der wirtschaftlichen Frage werde
in nicht geringem Maße durch die in ganz Europa, namentlich im Deutschen
Reiche auf Abschließung gerichtete Zoll= und Handelspolitik erhöht. Hin-
sichtlich der Regelung der zoll= und landespolitischen Verhältnisse mit
Oesterreich sei sein ehrliches Streben, auf der Grundlage des gemeinsamen
Zollgebietes ein gerechtes, billiges Abkommen zu treffen. Man dürfe den
gordischen Knoten nicht zerhauen, sondern müsse ihn zu entwirren trachten.
Es gäbe besondere Schwierigkeiten, die dadurch entstehen, daß diese Frage
seitens der Parteien Oesterreichs in das Kampfterrain des nationalen
Haders einbezogen werde, und daß deren Beurteilung im österreichischen
Reichsrate nach Gesichtspunkten erfolge, welche ihr nicht nur völlig fremd
seien, sondern lediglich mit nationalen Aspirationen zusammenhingen. „Die
zwölfte Stunde hat geschlagen, diesem Zustande muß baldmöglichst ein
Ende gemacht werden. Es darf die definitive Regelung des wirtschaft-
lichen Verhältnisses mit Oesterreich nicht länger verschleppt werden. Die-
jenigen Elemente Oesterreichs laden eine schwere Verantwortung auf sich,
die dem Zustandekommen eines gerechten, billigen Uebereinkommens der
beiden Staaten endlose Schwierigkeiten und Hindernisse bereiten. Ich setze
die Hoffnung auf den inneren Zusammenhalt und die unverbrüchliche Soli-
darität der liberalen Partei, welche eine Gewähr dafür bietet, daß die
schwierigen Fragen eine gedeihliche Lösung finden."“
5. Januar. (Cisleithanien.) Das offiziöse „Fremden-
blatt“ schreibt über die Erklärung des Fürsten Czartoryski im
galizischen Landtag (1901 S. 204):
Es wäre besser gewesen, wenn im galizischen Landtage Fürst Czar-
toryski die vor dem Eingang in die Tagesordnung von ihm abgegebene
Erklärung unterlassen hätte, da dieselbe dem Wirkungskreise des Landtags
nicht gemäß war. Wenn der Vertreter der Regierung trotzdem keine Ein-
sprache erhob, so entsprang sein Verhalten nur dem Wunsche, der An-