186 HNie lerreichisch-ungarische Menarchie. (Januar Anfang—30.)
gelegenheit nur dadurch nicht zu einer größeren Ausdehnung zu verhelfen
und dieselbe möglichst einfach und klanglos zu Ende zu führen. Den
beiden Regierungen haben wir es zu danken, wenn das Ueberschäumen
der Wreschener Affaire auf dem österreichischen Boden und das Anschlagen
derselben sowohl im österreichischen Abgeordnetenhause wie im galizischen
Landtage keinen Augenblick lang jene Beziehungen tangieren konnten, die
zwischen unserer Monarchie und der deutschen verbündeten sowie zwischen
den beiderseitigen Regierungen bestehen. Es ist neuerlich der Beweis er-
bracht, daß es bei der Innigkeit der beiderseitigen Beziehungen zwischen
Oesterreich-Ungarn und Deutschland keine Zwischenfälle geben kann, die
eine Schwierigkeit bereiten können, oder deren plötzliches Auftauchen zu
befürchten wäre. Die stärkste Wurzel des Bundesgefühls in beiden Staaten
ruht darin, daß jeder Teil in seinem Hause Herr ist.
Anfang Januar. (Pest.) Magyarische Studenten demon-
strieren gegen die Aufführung deutscher Stücke in Cafes und
Theatern.
14. Januar. (Brüx.) Durch ein Grubenunglück werden
13 Bergleute getötet.
15. Januar. (Trautenau.) Der Abg. Wolf, der sein
Mandat niedergelegt hatte (1901 S. 202), wird wiedergewählt.
A. Januar. (Lemberg.) Anläßlich des Jahrestags der
Erhebung der Polen im Jahre 1863 findet eine Demonstration
statt, die durch Husaren gesprengt wird.
29./30. Januar. (Ungarn.) Abgeordnetenhaus. Debatte
über die Beziehungen der Magyaren zu den Sachsen und anderen
Nationalitäten.
Abg. Lindner (Sachse) führt aus, weshalb die Sachsen der Re-
gierungspartei nicht beigetreten seien. Was das sächsische Volksprogramm
anlange, so gravitierten die Sachsen nicht nach auswärts, sondern ständen
auf dem Boden des konstitutionellen ungarischen Staates und erkennen
innerhalb der Grenzen des Nationalitätengesetzes von 1868 das Recht der
Staatssprache an. Das magyarische Element sei geschichtlich zur führenden
Stellung berufen. Die Siebenbürger Sachsen verschlössen sich dieser Er-
kenntnis durchaus nicht und hätten daher unter Umständen wohl auch
schon für reinblütige Magyaren ihre Stimmen abgegeben. Dieses geschicht-
liche Recht zur führenden Stellung bedeute aber nicht die unbedingte Herr-
schaft über die anderen Nationalitäten, die einfache Suprematie. (All-
gemeiner Lärm und heftiger Widerspruch; Rufe: „Zur Ordnung!“ Vize-
präsident Daniel ruft den Abg. Lindner zur Ordnung.) Die Nationalitäten-
frage sei eine Rechtsfrage, solange sie auf dem Boden des Nationalitäten-
gesetzes bleibe; sonst aber werde sie eine Machtfrage, die zur Unterdrückung
der nichtmagyarischen Nationalitäten und zur Vernichtung jeder Autonomie
führen müsse. Die Sachsen seien jederzeit bereit, ihr Blut für das unga-
rische Vaterland zu opfern, andererseits aber würden sie auch auf ihre
Nationalität nie verzichten.
Am folgenden Tage sagt Abg. Lindner zur Erklärung und Richtig-
stellung seiner gestern mißverstandenen Worte, die im Hause einen 0
heftigen Sturm erregten: er erkenne die Einheit des ungarischen Staates