Die äserreithisqh· nugarische Menarchie. (Februar 26.) 189
Ausführungen über die Arbeitsunfähigkeit des Parlaments (1901 S. 203)
die Absicht, einen Staatsstreich zu unternehmen, vorgeworfen. Herr
v. Körber erwidert hierauf: Die Regierung habe nichts getan, was je—
manden berechtige, ihr einen frivolen Rechtsbruch zu Gunsten irgend einer
Partei zuzumuten. Nur eine solche Handlung würde einen offenkundigen
Staatsstreich bedeuten. Er habe mit vollem Bewußtsein seiner Verant-
wortlichkeit nur die Notwendigkeit vor Augen geführt, welche sich ergeben
müßte, wenn ein besonderes Parteiinteresse über das gemeinsame Interesse
der gesamten Bevölkerung des Staates rücksichtslos gestellt und festgehalten
würde. Er habe nur darauf hingewiesen, daß, wenn das Parlament nicht
mehr den Schutz seiner Völker versehen wollte, der Staat das Recht, zu
existieren, auch gegenüber dem Parlamente zu Hilfe rufen müßte. Das
Haus solle sich nicht nur aus seiner Krisis emporringen, sondern auch dazu,
daß seine fruchtbare Tätigkeit fürderhin nicht mehr zweifelhaft sein dürfe.
Das Parlament habe es allezeit in der Hand, die Anwendung eines jeden
außerordentlichen Mittels hintanzuhalten, indem es vermeide, mit Waffen,
welche gegen einander oder gegen die Regierung sich kehren, den Staat zu
verwunden. Niemand würde dies freudiger begrüßen, als die Beamten-
regierung, welcher eine größere Arbeit zugefallen sei, als jemals einem
parlamentarischen Kabinett, und welche gern zurücktrete, sobald andere
Männer rascher und sicherer die Volksvertretung zu ihren pflichtgemäßen
Arbeiten dauernd zurückzuführen vermögen. Die Völker des Reiches würden
den Abgeordneten danken, wenn die Volksvertretung ihre Macht in den
Dienst einigender Arbeit stelle. Den ungarischen Ausgleich berührend, be-
merkt der Ministerpräsident, die die Machtstellung Oesterreichs begründende
Grundlage der 1857er Gesetzgebung dürfe nicht ins Wanken geraten. Die
Regierung hoffe, über den Hauptpunkt des Ausgleichs mit Ungarn, wo die
gleiche Auffassung vorhanden sei, zu einer Einigung zu gelangen. Eine
bezügliche Vorlage werde dem Hause rechtzeitig zugehen. Der Zeitpunkt
der Handelsvertragsverhandlungen hänge nicht allein von der Regierung,
sondern auch von den ausländischen Staaten ab. Die Regierung werde
dieselben in keinem Stadium verzögern, weil sie in der Herstellung dau-
ernder Zustände in den internationalen wirtschaftlichen Beziehungen den
größten Vorteil für die inländische Produktion erblicke. Was den Natio-
nalitätenstreit betreffe, so habe der Staat für alle Nationalitäten nur die
gleiche Gerechtigkeit. Die Regierung wolle nur Konflikte verhüten und sich
unbefangen und unverdrossen um eine freie Verständigung zwischen den
Deutschen und Tschechen bemühen, wozu neue Schritte bevorständen. Eine
starke Monarchie und ein gerechtes Oesterreich seien die Bürgschaften zu
einer friedfertigen Auseinandersetzung zwischen seinen Nationalitäten. Es
gebe keinen besseren und konstitutioneller gesinnten Monarchen, der größeres
Vertrauen zu seinen Völkern habe und dem das Wohl der Völker mehr
am Herzen liege, als Kaiser Franz Joseph.
26. Februar. (Cisleithanien.) Abgeordnetenhaus. Budget.
Erklärung über die politische Stellung der deutschen Katholiken.
Abg. Kathrein (3.) polemisiert gegen den von Alldeutschen erho-
benen Vorwurf, daß das Zentrum zu geringe Sympathien für Deutschland
und das Deutschtum habe. „Mit regem Interesse verfolgen wir die geistigen
Bestrebungen Deutschlands. Sympathisch begrüßen wir auch den deutschen
Kaiser, den Bundesgenossen Oesterreichs, den Freund unseres erhabenen
Monarchen. Allein die Politik zog zwischen Oesterreich und Deutschland
Grenzen, die hüben und drüben beachtet werden müssen. Uns Deutschen
in Oesterreich hat die Geschichte unsere Stellung angewiesen an der Seite