Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Die äferreithisth -nngarische Monarchie. (März 8. 18.) 191 
sie zerbrachen eine Kiste mit Werkzeugen und verteilten diese als Waffen, 
sie plünderten einen Bäckerladen und stürmten gegen eine Schokoladefabrik, 
sie bewarfen das Militär und die Wache mit faustgroßen Steinen, mit 
kiloschweren Ziegeln, Eisen= und Bleistücken, sie forderten die Leute in den 
Wohnungen auf, die Fensterbalken auf das Militär zu werfen, sie riefen: 
„Tod dem Präsidenten Becher! Tod dem Sekretär!", sie hießen die Sol- 
daten: Mörder, sie ermordeten meuchlerisch einen aus der Wachstube heim- 
kehrenden Wachmann.“ 
8. März. (Böhmen.) Das Tschechenblatt „Politik“ ver- 
öffentlicht Vorschläge der jungtschechischen Partei zur Lösung der 
Sprachenfrage in Böhmen und Mähren in Form eines Gesetz- 
entwurfs. 
Der Entwurf berücksichtigt Fälle aus allen Zweigen der Staats- 
verwaltung und betrifft Böhmen und Mähren. Für den äußeren Parteien- 
verkehr wird die vollständige Gleichheit der beiden Sprachen (Deutsch und 
Tschechisch) vorgeschlagen. Als Staats= und Dienstsprache im inneren 
Dienst soll diejenige Landessprache zur Anwendung kommen, zu der sich 
die Bevölkerung des Amtsbezirkes nach dem Ergebnisse der jeweiligen 
Volkszählung bekennt. — Die tschechischen Blätter bekämpfen den Ent- 
wurf scharf. 
März. (Ungarn.) Die deutsche Sprache in den Elementar- 
schulen. 
Es gehen Nachrichten durch die Presse, daß der Magistrat von Buda- 
pest die Abschaffung der deutschen Sprache als Lehrgegenstand aus den 
Elementarschulen beschlossen habe. — Auf eine Interpellation im Abgeord- 
netenhause erklärt Kultusminister Wlassics (12. März): die Schulstühle 
von 13 Bezirken der Hauptstadt hätten sich gegen den deutschen Unter- 
richt in den Elementarschulen ausgesprochen. Der Magistrat habe sodann 
den Beschluß des städtischen Unterrichtsausschusses auf Ausscheidung der 
deutschen Sprache aus dem Lehrplan dem Ministerium unterbreitet. Der 
Minister könne nichts dagegen einwenden, wenn der Magistrat die Ab- 
schaffung der deutschen Sprache aus dem Lehrplane beschließe, weil der 
Unterricht im Deutschen in den Elementarschulen kein obligatorischer Unter- 
richtsgegenstand sei und bisher nur gewohnheitsmäßig erteilt worden sei. 
Er könne nur dafür sorgen, daß der Unterricht im Deutschen, von dessen 
Nützlichkeit und Notwendigkeit er überzeugt sei, dort mit Erfolg gehandhabt 
werde, wo dies gesetzlich vorgeschrieben sei, nämlich an den Bürger= und 
anderen Mittelschulen. (Allgemeine Zustimmung.) 
18. März. (Cisleithanien.) Abgeordnetenhaus. Anti- 
habsburgische alldeutsche Demonstrationen. Parteierklärungen. 
In der Budgetdebatte erklärt Abg. Schönerer (Alld.), seine Partei 
strebe das bundesrechtliche Verhältnis mit Deutschland an und werde jede 
Regierung, die sich dem widersetze — daher auch die gegenwärtige — be- 
kämpfen, und schließt, um gegen den gestern dem Abg. Eisenkolb wegen 
seiner anerkennenden Aeußerungen über die Hohenzollern erteilten Ord- 
nungsruf zu demonstrieren, mit dem Rufe: Hoch und Heil den Hohenzollern! 
(Demonstrative Heilrufe bei den Alldeutschen, Gelächter und energische 
Protestrufe rechts und im Zentrum, anhaltender Lärm.) Der Präsident 
erteilt Schönerer einen Ordnungsruf wegen des die patriotischen Gefühle 
verletzenden Schlusses seiner Rede. Franko Stein ruft: Hurra die Hohen-
	        
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