Frankreich. (Juli 16.—Ende.) 243
kündigt wurde, wir uns mit der Frage beschäftigten, in welchem Maße
dieser diplomatische Akt mit den zu derselben Zeit wieder angeknüpften
Freundschafts= und Interessenbeziehungen zwischen Frankreich und Italien
im Einklange stehen könnte. Die italienische Regierung sorgte selbst dafür,
die Lage aufzuklären und zu präzisieren. Die Erklärungen, welche uns
gegeben wurden, haben uns gestattet, die Gewißheit zu erlangen, daß die
Politik Italiens infolge seiner Bündnisse weder direkt noch indirekt gegen
Frankreich gerichtet sei, daß sie in keinem Falle eine Drohung für uns be-
deute, weder in der diplomatischen Form, noch durch die internationalen
Protokolle oder militärischen Stipulationen, und daß endlich Italien in
keinem Falle und in keiner Form ein Werkzeug oder ein Gehilfe eines
Angriffes gegen unser Land werden könne. Die Erklärungen können keinen
Zweifel über den entschieden friedlichen und freundschaftlichen Charakter
der italienischen Politik uns gegenüber bestehen lassen, noch über das Ge-
fühl der Sicherheit, von welchem nunmehr die Beziehungen beider Völker
erfüllt sein müssen. Die Erklärungen geben uns schließlich die gute Zu-
versicht, daß sich nichts mehr der Weiterentwicklung der Freundschaft ent-
gegenstellt, die bereits so fruchtbare Erfolge gehabt hat.“
10. Juli Neuer Erlaß gegen die Kongregationsnieder-
lassungen.
Ministerpräsident Combes richtet ein Rundschreiben an die Präfekten,
in welchem er sie auffordert, denjenigen Kongregationsniederlassungen, welche
zur Zeit der Veröffentlichung des Vereinsgesetzes ohne staatliche Genehmi-
gung waren und seitdem die Genehmigung nicht nachsuchten, zur Kenntnis
zu bringen, daß ihnen eine Frist von acht Tagen zugestanden werde, damit
die Niederlassungen aufgelöst werden und die Mitglieder sich zerstreuen.
Nach Ablauf dieser Frist sollen die Präfekten die Schließung dieser Nieder-
lassungen, deren Zahl etwa zweitausend beträgt, vornehmen.
11. Juli. (Kammer.) Anläßlich einer Interpellation über
die Schließung der Kongregationsschulen wird die Sitzung so
stürmisch, daß sie geschlossen und die Tribünen geräumt werden
müssen.
15. Juli. (Paris.) Unter dem Vorsitz des Ministers des
Auswärtigen tritt eine Konferenz zur internationalen Bekämpfung
des Mädchenhandels zusammen.
Ende Juli. Lebhafte Demonstrationen für und wider die
Durchführung des Kongregationsgesetzes führen zu Zusammenstößen
zwischen den klerikalen und republikanischen Massen untereinander
und zwischen Klerikalen und Polizei. Am stärksten ist der Wider-
stand im Departement Finisterre.
26. Juli. (Paris.) Ein Dekret löst 26 Kongreganisten-
niederlassungen in Paris und im Seinedepartement auf.
Ende Juli. Mehrere Bischöfe, darunter der Erzbischof von
Paris, protestieren in einem offenen Schreiben an Loubet gegen
die Schließung der Kongregationsschulen.
16“