Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

258 Italien. (April 25.—September 6./8.) 
25. April. Der Senat lehnt nach einer Debatte über die 
innere Politik der Regierung ein Mißtrauensvotum mit 81 gegen 
76 Stimmen ab. 
29. April. Die Kammer genehmigt in geheimer Abstim- 
mung mit 163 gegen 53 Stimmen die Vorlage betr. Schaffung 
eines neuen 3½ prozentigen konsolidierten Rententitres und Maß- 
nahmen zur Tilgung der einlösbaren Schulden. 
14. Mai. General Ottolenghi wird zum Kriegsminister 
ernannt. 
21. Mai. (Rom.) Besuch des Schah von Perfien. 
27. Mai. (Palermo.) Das Königspaar eröffnet die sizilische 
Ackerbauausstellung. 
29. Mai. (Palermo.) Der König besucht eine Abteilung 
des englischen Mittelmeergeschwaders. 
15. Juni. Der Senator General Luigi Pelloux, der ehe- 
malige Ministerpräsident, wird auf seinen Antrag pensioniert. Es 
wird erwartet, daß er die Führung der Oppofition im Senat über- 
nehmen wird. 
10. Juli. Der König reist nach Petersburg zum Besuche 
des Zaren. 
14. Juli. (Venedig.) Der Glockenturm von San Marco 
stürzt ein. 
30. Juli. (Bologna.) Der frühere Abg. Palizzolo, ein 
Führer der sizilischen Maffia wird wegen Mordes zu 30 Jahren 
Zuchthaus verurteilt. Der Prozeß spielt seit dem Dezember 1899. 
Ende August. Anfang September. (Florenz.) Infolge von 
Streitigkeiten in einer Metallwarenfabrik bricht ein allgemeiner 
Ausstand aus, der aber nur wenige Tage anhält. 
6./8. September. (Imola i. Romagna.) Kongreß der sozia- 
listischen Partei Italiens. Sieg der Gemäßigten. 
Die „Kölnische Volkszeitung“ berichtet darüber: Die Gemäßigten 
oder Reformisten, geführt von dem früheren Mailänder Abgeordneten Fi- 
lippo Turati und unterstützt vom Zentralorgan „Avanti“" in Rom, erstreben 
zunächst Reformen und unterstützen die gegenwärtige Regierung, während 
die Radikalen oder Unversöhnlichen, unter Führung von Enrico Ferri, 
Abgeordneter für Ravenna, alle Kompromisse mit anderen Parteien und 
der Regierung verwerfen, aber doch durchblicken ließen, daß sie eventuell 
die Einheit der Partei über alles stellen würden. In Imola kam es nun 
nach dreitägiger Debatte, die mit den Taktikstreitigkeiten auf den Partei- 
tagen der deutschen Sozialdemokraten viele Berührungspunkte bot, zur 
Entscheidung. Mit 456 gegen 279 Stimmen wurde eine von den Radi- 
kalen gestellte Resolution, nach welcher die sozialistische Partei auf den ver-
	        
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