Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

266 Die Rämische Kurie. (Dezember Anfang —23.) 
enthaltenen Lehrsätze und Regeln vollständig zur Kenntnis gebracht, häufig 
durchgelesen und getreu von allen der christlichen Werktätigkeit angehörigen 
Klassen beobachtet werden.“ („Köln. Volksztg.“) 
Anfang Dezember. (Rom.) Vorgehen gegen den Protestan- 
tismus in Rom. 
Der Papst setzt eine Kommission von vier Kardinälen ein, um „das 
Vorgehen bei dem Werke der Erhaltung des Glaubens gegenüber der prote- 
stantischen Propaganda in Rom zu leiten.“ Am 5. Dezember erklärt es 
der „Osservatore Romano“ für verrückt, vom Papste Duldung der Kultus- 
freiheit zu erwarten. Der Katholizismus dulde zwar andere Kulte, aber 
nur soweit sie die Vorherrschaft der Papstkirche nicht gefährden. Die liberale 
Regierung habe durch „Aufnahme heimtückischer Horden des Protestantis- 
mus“ in Italien die Verfassung verletzt. 
5. Dezember. Abschluß eines Abkommens mit Deutschland 
über die Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät in 
Straßburg. 
Art. 1. Die wissenschaftliche Ausbildung der angehenden Kleriker 
der Diözese Straßburg wird durch eine katholisch-theologische Fakultät er- 
folgen, welche an der dortigen Universität zu errichten ist. Gleichzeitig 
wird das bischöfliche große Seminar fortbestehen und in Tätigkeit bleiben 
in bezug auf die praktische Erziehung der genannten Kleriker, welche dort 
die erforderliche Unterweisung auf allen Gebieten erhalten, die sich auf die 
Ausübung des priesterlichen Amtes beziehen. Art. 2. In der Fakultät 
werden namentlich folgende Fächer vertreten sein: 1. Philosophisch-theolo- 
gische Propädeutik, 2. Dogmatik, 3. Moral, 4. Apologetik, 5. Kirchen- 
geschichte, 6C. Exegese des Alten Testaments, 7. Exegese des Neuen Testa- 
ments, 8. kanonisches Recht, 9. Pastoraltheologie, 10. kirchliche Archäologie. 
Art. 3. Die Ernennung der Professoren erfolgt nach vorherigem Einver- 
nehmen mit dem Bischof. Die Professoren haben, bevor sie in Funktion 
treten, die professio fidei, den Formen und Regeln der Kirche entsprechend, 
in die Hand des Dekans abzulegen. Art. 4. Für das Verhältnis der 
Fakultät und ihrer Mitglieder zu der Kirche und den kirchlichen Autori- 
täten sind die Bestimmungen maßgebend, welche für die katholisch-theolo- 
gischen Fakultäten in Bonn und Breslau gelten. Art. 5. Wird durch die 
kirchliche Behörde der Nachweis erbracht, daß ein Professor wegen man- 
gelnder Rechtgläubigkeit oder wegen gröblicher Verstöße gegen die Erforder- 
nisse priesterlichen Wandels zur weiteren Ausübung seines Lehramtes als 
unfähig anzusehen ist, so wird die Regierung für einen alsbaldigen Ersatz 
sorgen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, daß seine Beteiligung 
an den Geschäften der Fakultät aufhört. 
23. Dezember. Der Papst über die Ehescheidungsvorlage 
und die christliche Demokratie. 
Der Papst empfängt das heilige Kollegium zur Abstattung der Weih- 
nachtsglückwünsche und erwidert auf die Ansprache, er beklage den Gesetz- 
entwurf betreffend die Ehescheidung, der eine Erschütterung der christlichen 
Ordnung und eine Rückbildung der Staaten auf der Grundlage des Natu- 
ralismus und des Heidentums bedeute. Die Aktion auf christlich-demo- 
kratischer Grundlage sei hochwichtig. Er erteile zu dieser den Bedürfnissen 
der Zeit entsprechenden Tätigkeit Anregung und Genehmigung, indem er 
sehr deutlich das Ziel, die Mittel und die Grenzen der Art gegeben habe,
	        
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