Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

IX. 
Schweiz. 
13. Februar. (Bern.) Der Bundesrat legt der Bundes- 
versammlung den Entwurf des neuen Zolltarifs vor. 
Er soll als Grundlage für die Handelsverträge dienen. Der Ent- 
wurf enthält im allgemeinen Erhöhungen der bisherigen Sätze und er- 
mächtigt den Bundesrat zur Erhöhung der Tarifsätze gegenüber den Staaten, 
welche die schweizerischen Erzeugnisse mit hohen Zöllen belegen oder sie 
ungünstiger behandeln als Waren anderer Herkunft. — Die Bauernvereine 
agitieren lebhaft gegen den Entwurfz sie fordern zollfreie Getreideeinfuhr, 
aber Schutz der Viehzucht. 
März. Verwicklungen mit Italien. (Vgl. S. 254/6.) 
Am 10. April teilt der Bundesrat der Bundesversammlung hierüber 
folgendes mit: Der Bundesrat machte der Bundesversammlung heute fol- 
gende Mitteilung: „Wir beehren uns Ihnen mitzuteilen, daß bedauerliche 
Mißhelligkeiten, welche zwischen uns und dem hiesigen italienischen Ge- 
sandten Silvestrelli entstanden sind, uns veranlaßt haben, von der italieni- 
schen Regierung zu verlangen, daß sie im Interesse der zwischen den beiden 
Staaten bestehenden guten Beziehungen ihren bei der schweizerischen Eid- 
genossenschaft beglaubigten Vertreter abberufe. Die italienische Regierung 
lehnte unser Ansuchen ab und versetzte uns somit in die Notwendigkeit, 
unsere offiziellen Beziehungen zu Herrn Silvestrelli abzubrechen. Das hatte 
unmittelbar zur Folge, daß die italienische Regierung unserem Gesandten 
in Rom, Herrn Carlin, gegenüber das Gleiche tat. Dies ist die Sachlage, 
von der wir nicht ermangeln wollten, Ihnen Kenntnis zu geben, indem 
wir uns im übrigen vorbehalten, Ihnen demächst darüber unter Mit- 
teilung der zwischen uns und dem italienischen Gesandten gewechselten Noten 
Bericht zu erstatten." 
1. April. (Bern.) Bundesrat und Bundesversammlung 
weihen das neue Parlamentsgebäude ein. 
26. April. Der Nationalrat genehmigt das Zolltarifgesetz 
mit 97 gegen 13 Stimmen. 
Ein Antrag, den Bundesrat zu ermächtigen, nach Abschluß neuer 
Handelsverträge oder falls sich deren Abschluß als unmöglich erweisen sollte, 
unter Ausschluß des Referendums einen selbständigen Gebrauchstarif mit 
niedrigen Ansätzen aufzustellen, wird abgelehnt. — Die Zölle auf Wein 
und Vieh werden erhöht.
	        
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