Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

280 Schweden und Rerwegen. (Mai 12. —Juli 26.) 
man in gewissen inländischen Kreisen von einer politischen Beunruhigung 
auf Seiten Rußlands angesichts der deutsch-nordischen Intimität sprechen 
könne. Die Verwirklichung des Neutralitätsgedankens werde für die Ver- 
einigten Nordreiche keinerlei praktische Vorteile, dagegen zahlreiche lästige 
Verpflichtungen im Gefolge haben. Er müsse es sich demgemäß versagen, 
dem Wunsche des Antragstellers stattzugeben und dem Träger der Kronen 
von Schweden und Norwegen die Proklamierung der Neutralität seiner 
Staaten zu empfehlen. Gleichwohl nehme er gern die Gelegenheit wahr, 
um vor dem Forum des schwedischen Parlaments zu konstatieren, daß die 
skandinavische Union - im gleichen Maße wie sie auf die Forterhaltung 
freundschaftlicher Beziehungen zu den Nachbarreichen bedacht sei, jeden 
Anlaß von der Hand weisen werde, sich in die Zwistigkeiten anderer Länder 
hinein zumischen. 
12. Mai. (Schweden.) Der Reichstag bewilligt 20 Mil- 
lionen Kronen für den Bau neuer Kasernen. 
15.—17. Mai. (Schweden.) Versuch des allgemeinen Aus- 
standes, um die Gewährung des allgemeinen Stimmrechts zu er- 
zwingen. Nach dem Beschluß vom 16. wird die Arbeit wieder 
aufgenommen. 
16. Mai. (Schweden.) Beide Kammern des Reichstags 
fordern in einer Resolution die Regierung auf, bis 1904 eine neue 
Wahlrechtsvorlage einzubringen, wonach jeder, der seiner Wehr- 
und Steuerpflicht genügt hat, mit 25 Jahren wahlberechtigt sein soll. 
Ende Juni. (Schweden.) Wegen der Ablehnung seiner 
Wahlrechtsvorlage tritt Ministerpräsident v. Otter zurück; sein Nach- 
folger wird der frühere Premierminister Bostroem (5. Juli). 
26. Juli. Vorschläge über das schwedisch-norwegische Kon- 
sulatswesen. 
Ein schwedisch-norwegisches Komitee, das der König im Januar be- 
auftragt hatte, zu untersuchen, in welcher Weise, unter Beibehaltung der 
gemeinschaftlichen diplomatischen Vertretung der beiden Unionsstaaten, 
die norwegischerseits geforderte Errichtung getrennter Konsulate für Nor- 
wegen und Schweden durchführbar wäre und wie nach Analogie des kon- 
sularen Beistandes in auswärtigen Staaten die Interessen schwedischer 
Staatsbürger in Norwegen und norwegischer in Schweden am besten wah- 
genommen werden könnten, beendet seine Sitzungen. Es schlägt vor, daß 
nach Abschluß der Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen über 
die Auflösung des gemeinschaftlichen Konsularkorps die fremden Mächte 
aufgefordert werden müßten, auch die neuen Konsuln zu bestätigen. Es 
sei ein besonderes norwegisches Konsulardepartement zu errichten, welches 
sich über die Erwirkung der Bestätigung für norwegische Konsuln mit dem 
Auswärtigen Amt in Stockholm ins Einvernehmen zu setzen hätte. Dem 
Auswärtigen Amt soll es überlassen werden, etwaige Reklamationen von 
Seiten fremder Mächte zu beantworten. Die besonderen norwegischen 
Konsuln werden dem erwähnten norwegischen Konsulardepartement und 
nicht dem Auswärtigen Amt in Stockholm unterstellt und die diplomati- 
schen Vertreter von Schweden und Norwegen werden ihnen demzufolge
	        
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