Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 23. 25.) 23
Anwendung, daß sie spätestens bis zum 30. September 1904 ihre Zulassung
zur ersten juristischen Prüfung nachsuchen. Der Justizminister ist ermächtigt,
den Vorbereitungsdienst auch bei diesen Kandidaten auf drei und einhalb
Jahre zu beschränken, wenn sie ein Rechtsstudium von sieben Halbjahren
zurückgelegt haben.
23. Januar. (Reichstagswahl.) Im Wahlkreise Bückeburg
erhält Graf Reventlow (Antis.) 3016, Demmig (fr. Vp.) 3054,
Reichenbach 1634 Stimmen. In der Stichwahl am 31. Januar
wird Demmig mit 4541 Stimmen gegen Reventlow (3446) gewählt.
23. Januar. (Berlin.) Auf 115 Millionen Reichsanleihe
und 185 Millionen preußische Konsols werden je 7 Milliarden
gezeichnet.
25. Januar. (Württemberg.) Die Kammer der Abgeordneten
lehnt einen Antrag des Zentrums, das Postübereinkommen
mit dem Reiche den Ständen zur Genehmigung vorzulegen, ab
und genehmigt den Antrag der Finanzkommission, die durch den
Markenvertrag veranlaßten Abweichungen vom Finanzetat nicht
zu beanstanden, mit 64 gegen 17 Stimmen. (Vgl. 1901 S. 176.)
Januar. Durch die deutsche Presse gehen Gerüchte, daß die
amerikanischen von Morgan geführten Trusts die Aktien der deutschen
Schiffahrtsgesellschaften aufkaufen wollten.
25. Januar. (Berlin.) Rede des Kaisers über die Kunst.
(Vergl. 1901 S. 172.)
Der Kaiser enthüllt im Kunstgewerbemusem ein Gemälde zum An-
denken an die Hochzeit seiner Eltern (25. Januar 1858) und hält dabei
folgende Rede nach einer Ansprache des Kultusministers:
Ich spreche Ew. Excellenz Meinen herzlichsten und tiefgefühltesten
Dank für die erhebenden Worte aus, womit Sie soeben des Wirkens Meiner
verewigten Eltern gedachten. Mit der Enthüllung des Gedenkfensters trugen
die Anstalten, die Meinen Eltern ihre Existenz verdanken, einmal ihren
Dank ab und schufen sich zum andern ein ewiges Vorbild. Unser aller
Herzenswunsch hätte es gewiß entsprochen, wenn wir heute um die beiden
Stifter und Förderer dieses Hauses versammelt gewesen wären, um ihnen
diese Gabe als Gruß entgegenzutragen. Aus dem idealen, hohen und
reinen Sinne Meiner Eltern entsprossen, muß die Anstalt auch in diesem
Sinne geleitet werden. Was die schweren Prüfungsjahre, die im letzten
Jahrhundert über unser Volk und Vaterland dahingestürmt sind, zerstört
und unserem Volke genommen hatten, das sollte diese Anstalt wieder in
das Volk hineintragen. Die künstlerischen Sammlungen, die hier auf-
gestellt sind, zeugen von der Liebe zur Kunst und von dem Verständnis
für dieselbe bei unseren Vorvätern, und Ich meine, daß die Aufgabe dieser
Anstalten nie besser im Sinne Meiner Eltern durchgeführt werdem kann,
als wenn dieses Gefühl für die Kunst im Volke wieder lebhaft angeregt
wird, so zwar, daß kein Gegenstand in Gebrauch genommen wird, der sich
nicht einer künstlerischen Form erfreut, und daß die künstlerische Form
stets wieder sich anlehnt an das bewährte Schöne, das aus früheren Jahr-
hunderten überliefert worden ist. Denn das liegt in dem Gefühl und dem