314 Herd-Amerika. (September 20. — Dezember 2.)
jenige freundliche Rücksicht zu erweisen, die wir entschieden beanspruchen.
Wir dürfen anderen Nationen nicht mehr Unrecht tun, als wir uns eventuell
von ihnen gefallen lassen müssen. Aber wenn wir einmal irgend eine
Position einnehmen, wollen wir uns stets vor Augen halten, daß ihre
Behauptung von uns selbst abhängt, und zwar abhängt davon, daß wir
die Fähigkeit zeigen, sie zu behaupten. — Schande über uns, wenn wir
die Monroe-Doktrin verfechten wollten, in dem Augenblick aber, in dem
unser Anspruch in Zweifel gezogen würde, nur zeigten, daß wir leere
Prahlerei vorgebracht haben und nicht im stande sind, unsere Worte durch
Taten zu unterstützen.“
September. Ein großer Teil der Presse erkennt das Vor-
gehen Deutschlands gegen Haiti als berechtigt an. (Vgl. Mittel-
amerika.)
20. September. (Cincinnati.) Präsident Roosevelt über
die Trusts.
Der Präsident bespricht in einer öffentlichen Rede die Notwendig-
keit, die Trusts zu kontrollieren, aber es sei unmöglich, durch eine Aende-
rung der Tarifgesetze für die mit den Trusts wirklich verbundenen Uebel-
stände Abhilfe zu schaffen. Die Produkte vieler Trusts genössen überhaupt
keinen Tarifschutz und würden daher durch Zollmaßnahmen nicht oder doch
nur in geringem Maße getroffen werden können. Als Beispiele hierfür
führt der Präsident die Standard Oil Corporation und die Anthracit Cor-
poration an. Einige Trustbildungen würden freilich durch Zurückziehung
der Schutzzölle getrofen werden können, allein nur auf Kosten und zum
Schaden aller kleinen Konkurrenten und ihrer Angestellten, wie man über-
haupt gegen die Trusts nicht rücksichtslos vorgehen könne, ohne wichtige
wirtschaftliche Interessen zu gefährden. Ein wohlüberlegtes gesetzgeberisches
Vorgehen in Sachen der Trusts sei indessen notwendig und er glaube, es
füne in dieser Hinsicht viel getan werden, auch ohne Aenderung der Ver-
assung.
Mitte September. Staatssekretär Hay fordert die europäischen
Großmächte auf, gegen Rumänien auf Grund des Berliner Vertrags
einzuschreiten, um eine bessere Lage der rumänischen Juden herbei-
zuführen.
16. Oktober. Ende des Kohlenstreiks.
Am 3. Oktober beruft Präsident Roosevelt 5 Unternehmer und
3 Arbeiterführer nach Washington und sucht sie durch einen Appell an
ihre Vaterlandsliebe zur Beendigung des Streiks, der der Industrie außer-
ordentlich schädlich sei, zu bewegen. Die Arbeiterführer erklären sich zur
Annahme eines von Roosevelt einzusetzenden Schiedsgerichts bereit, die
Unternehmer lehnen erst ab, nehmen es aber dann unter dem Druck der
öffentlichen Meinung an. Am 16. März wird der Streik für beendet er-
klärt (vgl. Uebersicht).
4. November. Bei den Wahlen zum Repräsentantenhause
behalten die Republikaner eine Mehrheit von etwa 25 Sitzen.
2. Dezember. (Kongreß.) Botschaft des Präsidenten. All-
gemeine Politik; Industrie und Handel; Währung; Sozialpolitik;
Kuba; Isthmuskanal; Monroedoktrin.