Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

Afriks. (Juni 10.—September 23.) 327 
ausgenommen. Bedingung ist in beiden Fällen, daß die Betreffenden 
nicht eines Mordes oder irgend anderer gegen die Kriegsgebräuche ver- 
stoßenden Handlungen sich schuldig gemacht haben. Aufständische, welche 
sich nicht bis zum 10. Juli ergeben, unterliegen der ganzen Strenge des 
Gesetzes. 
10. Juni. (Tunis.) Der Bey Sidi Ali stirbt; ihm foldgt 
sein Sohn Mohamed el Hadi, der sofort der französischen Regie- 
rung seine Ergebenheit ausspricht. 
Juli. (Deutsch-Ostafrika.) Im Bezirk Kilimatinde 
brechen Unruhen aus, werden aber nach wenigen Wochen unter- 
drückt. Anfang Oktober finden im Bezirk Irangi unbedeutende 
Erhebungen statt. . 
Anfang Juli. (Kapland.) Der Kolonialminister Cham— 
berlain lehnt die vom Oberkommissar Milner beantragte Suspension 
der Kapkolonie ab, weil sie der Tradition widerspreche und von der 
Mehrheit des Kapparlaments verurteilt werde. 
Mitte Juli. (Portugiesisch-Westafrika.) Ein großer 
Angriff von mehreren Tausend Negern auf die Festung Bailundo 
wird abgeschlagen. 
August. September. (Kapkolonie.) Zwischen dem von den 
Afrikandern unterstützten Ministerium Gordon Sprigg und den 
Progressisten (Loyalisten) kommt es zum Bruch, weil die Regierung 
die Vorlegung eines Hochverratsgesetzes gegen diejenigen, die den 
eingefallenen Buren Sympathien bewiesen haben, ablehnt. 
23. September. Die Burengenerale in Europa erlassen fol- 
genden Aufruf an alle Kulturnationen: 
Es wird der ganzen Welt noch frisch im Gedächtnis liegen, wie die 
Buren nach einem über zweieinhalb Jahre andauernden Krieg für ihre 
Unabhängigkeit endlich gezwungen wurden, durch Vermittelung ihrer Ab- 
geordneten die ihnen von der englischen Regierung Sr. Majestät, des Königs 
Eduard VII., vorgelegten Friedensbedingungen anzunehmen. Gleichzeitig 
wurden wir von den Abgeordneten beauftragt, uns nach England zu be- 
geben zu dem Zwecke, an erster Stelle unsere neue Regierung um Mil- 
derung des ungeheueren Elends zu ersuchen, das weit und breit in allen 
neuen Kolonien herrscht. Gelänge dies nicht, so sollten wir an die Hu- 
manität der gebildeten Welt appellieren und um mildtätige Unterstützung 
bitten. Bis jetzt aber sind unsere Versuche bei der englischen Regierung 
fehlgeschlagen, und da die Not unbeschreiblich groß ist, so bleibt uns nichts 
übrig, als uns an alle Nationen von Europa und Amerika zu wenden. 
In den gefahrvollen Tagen, die wir durchzukämpfen hatten, war es für 
uns und die Unfrigen ein wonniges Gefühl, als wir fortwährend Beweise 
der Sympathie aus allen Teilen der Welt empfingen. Die von allen Welt- 
teilen zugeströmten geldlichen und sonstigen Unterstützungen für unsere 
Frauen und Kinder in den Konzentrationslagern sowie für die Gefangenen 
in allen Erdteilen haben unendlich viel dazu beigetragen, das harte Schicksal
	        
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