Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 10.) 37
Armee aus Anlaß des Tages an Mich richteten, an dem Ich vor 25 Jahren
zum Dienst in die Armee eintrat, von ganzem Herzen erfreut. Mein
eifriges Streben, die Armee auf der Höhe ihrer Aufgabe zu erhalten,
findet durch die Worte Euerer Königlichen Hoheit eine Mich wahrhaft
beglückende Anerkennung. Ich bin Mir aber wohl bewußt, welche wirk—
same Unterstützung und Förderung Ich hierbei jederzeit durch die hin—
gebende, verständnisinnige Mitarbeit der deutschen Fürsten gefunden habe.
Es ist Mir daher ein aufrichtig empfundenes Bedürfnis, Euerer König-
lichen Hoheit dies mit Meinem vom Herzen kommenden Dank für den
neuen Beweis aufrichtiger Freundschaft und treuer Waffenbrüderschaft zum
Ausdruck zu bringen. Das treue Zusammenstehen der deutschen Fürsten
und das auf ruhmreichen Schlachtfeldern gemeinsam vergossene Blut hat
unseres teueren Vaterlandes Einigkeit begründet, und hierin darf Ich auch
in Zukunft die festeste Bürgschaft für seinen Glanz und seine Sicherheit
erblicken. Ich verbleibe mit der Versicherung der vorzüglichen Hochachtung
und freundschaftlichen Gesinnung Euerer Königlichen Hoheit freundwilliger
Vetter und Bruder
Wilhelm I. R.
Potsdam, Stadtschloß, 9. Februar 1902.
10. Februar. (Berlin.) Generalversammlung des Bundes
der Landwirte. Angriffe auf die Reichsregierung.
Etwa 8000 Personen nehmen daran teil. Abg. Rösicke polemisiert
gegen den Grafen Bülow, dessen Herz man nach seiner Rede auf dem
Landwirtschaftsrat erkannt habe. Bundesvorsitzender Frhr. v. Wangen-
heim: Man stellt uns heute hin als die extremen Agrarier, die keine
Grenzen in ihren Forderungen kennen. Wir sind nicht extrem; wir ver-
langen nicht, wie uns jetzt nachgesagt wird, entweder alles oder gar nichts;
wir verlangen nur die gerechte Berücksichtigung in der Gesetzgebung, welche
es ermöglicht, daß die deutsche Landwirtschaft ebenso wieder prosperieren
kann, wie andere Berufsstände. Wir haben die Versprechungen unserer
verbündeten Regierungen so oft aus dem Munde vieler Minister gehört!
Meine Herren, wer sind heute die verbündeten Regierungen? — sie prä-
sentieren sich uns in der Regel bei mehr oder weniger festlichen Anlässen
in der Person einzelner Minister. Dort pflegen sie zu reden und haben
uns oft Reden gehalten, in denen sie alles anerkannt haben, was wir als
notwendig erkannt haben. Aber, meine Herren, wenn die Herren Minister
herdenweise auftreten, dann nennt man das Bundesrat. (Stürmischer Bei-
fall und Bravo!) Da sieht die Sache ein ganz Teil anders aus, und da
wird uns dann plötzlich trotz all der berühmten Versicherung der Freund-
schaft gesagt: Ja wohl, wir wollen alles für euch tun, aber verlangt nur
nicht das, was ihr braucht. (Große Heiterkeit und Zustimmung.) Nun,
meine Herren, Sie müßten nicht deutsche Bauern sein, wenn Sie mir jetzt
nicht einwerfen würden: was willst du mit all den Instanzen, wir haben
unsern Kaiser, und an den halten wir uns! Meine Herren, es wäre
furchtbar, wenn jemals das Vertrauen in der deutschen Landwirtschaft auf-
hörte, daß unser Kaiser seine Bauern nicht hören würde! (Langanhaltendes
stürmisches Bravol) Aber, meine Herren, wir wollen nicht Eins vergessen:
auch der höchstgestellte Mensch ist nur ein Mensch, und wir müssen uns
keine Illusionen darüber machen, daß man eifrig am Werke ist, eine dunkle,
undurchdringliche Wolke zwischen unseren Kaiser und seine treuesten Unter-
tanen zu schieben! Meine Herren, es ist soweit gekommen, daß Sie oft
heute das Urteil hören: Ihr Agrarier seid viel schlimmer als die Sozial-
demokraten. (Pfui-Rufe.) Mit dem Bekenntnis unserer Treue wollen wir