48 Das Berische Reich und seine einjelnen Glieder. (März 3.)
sie von Regierung zu Regierung seit langer Zeit in China üblich sind.
Nun hat der Abg. Gradnauer weiter uns vorgeworfen unsere passive,
unsere neutrale Haltung im südafrikanischen Kriege. Nun würde eine
Einmischung in den südafrikanischen Krieg auf dreierlei Weise möglich sein:
durch Anrufung des Haager Schiedsgerichts, durch Mediation und durch
Intervention. Eine solche Anrufung des Haager Tribunals ist von seiten
der Burendelegierten in allen Stadien bereits erfolgt. Diese hat aber,
wie es bei dem Haager Vertragswerk — daran ist nichts zu ändern —
nicht anders möglich war, keinen Erfolg gehabt. Was die Frage der
Mediation angeht, so habe ich mich schon vor einem Jahre über die Voraus-
setzungen und die voraussichtlichen Folgen einer solchen Mediation aus-
gelassen. Eine Mediation würde heute ebensowenig Erfolg haben, wie vor
einem Jahre. Ich kann in dieser Beziehung nur erinnern an die Ant-
wort, welche die englische Regierung bei dem bekannten, aus den edelsten
Motiven hervorgegangenen Antrag Hollands erwirkt hat. Eine Inter-
vention würde aber voraussetzen die eventuelle Anwendung von Zwangs-
maßnahmen; daß eine solche dem deutschen Interesse nicht entspricht, habe
ich gleichfalls schon vor einem Jahre hier auseinandergesetzt, und das ist
auch von den meisten Seiten anerkannt worden. Ich möchte noch darauf
hinweisen, daß von keiner anderen Macht gegen den südafrikanischen Krieg
oder gegen die Art und Weise der dortigen englischen Kriegsführung irgend-
welcher Einspruch erhoben worden ist. Wir haben aber gar keine Ver-
anlassung, in dieser Beziehung eine führende Rolle zu übernehmen. So
etwas mag ja bei internationalen Aktionen persönlicher Eitelkeit schmeicheln,
praktisch pflegt aber nichts dabei herauszukommen. Ich erinnere sie an
die Geschichte des zweiten französischen Kaiserreichs, die manches lehrreiche
und warnende Beispiel aufweist. Was der Abg. Gradnauer ausgeführt
hat, war im Grunde eine Weltpolitik à outrance. Wenn wir überall
unsere Finger hineinsteckten, so würden wir nicht bloß in Südafrika, son-
dern auch in Armenien und sogar auf den Philippinen und in Finnland
intervenieren müssen. Es entspricht aber nicht den Interessen des deutschen
Volkes, den Hansdampf in allen Gassen zu spielen. Die große Mehrheit
dieses hohen Hauses wird das nicht mitmachen wollen. Endlich hoffe ich
auch auf die Zustimmung der Mehrheit dieses Hauses, wenn ich es ab-
lehne, einzugehen auf die Provokation des Abg. Gradnauer, die sich bezog
auf das, was ich neulich gesagt habe, über eine Rede des englischen
Kolonialministers. Ich habe bewiesen, daß ich mich nicht scheute, dem
Vorfall näher zu treten, der dieser Angelegenheit zu Grunde lag, nun in
einen Wortstreit einzutreten über diesen Vorfall, halte ich nicht für nützlich,
dem Staatsinteresse würde dadurch nicht gedient werden. Von dem, was
ich damals gesagt habe, brauche ich nicht eine Silbe zurückzunehmen und
dem aber auch nichts hinzuzufügen. (Beifall.)
3. März. (Preußisches Abgeordnetenhaus.) Annahme
des Gesetzes über den Ankauf von Bergwerken (S. 39).
Abg. Imwalle (3Z.): Die Vorlage bedeute nichts anderes als ein
weiteres Hinabgleiten auf der schiefen Ebene zum sozialistischen Staat, und
trotzdem sei von keiner Seite des Hauses und von keiner der großen Frak-
tionen mit Ernst oder prinzipiell dagegen Bedenken erhoben worden.
Ferner sei bedenklich, daß hierdurch wieder eine große Zahl von Personen
vom Staate abhängig würden, was besonders zu Wahlbeeinflussungen An-
laß geben könne. Handelsminister Möller: Das Bedenken des Vorredners,
mit dem Ankauf neuen Bergwerkseigentums sei ein neuer Schritt getan
zum sozialistischen Staat, ist nicht berechtigt. Wir beabsichtigen keines-