Das Dentsche Reithh und seine einzelnen Glieder. (Mai 9. 10.) 79
zuheben, im Finanzministerium eine Eisenbahnabteilung einzurichten, und
dieser die ebenfalls zu vermindernden Betriebsdireltionen nterkelen.
„Allg. Ztg."
Die Finanzkommission polemisiert scharf gegen die preußische En.
bahnverwaltung und wirft ihr unlauteren Wettbewerb vor, weil diese den
Güterverkehr auf Umwegen um Sachsen herumführe. Die Kommission
beantragt: Die k. Staatsregierung zu ersuchen: a) im Sinne des Artikels 42
der Reichsverfassung mit allen Mitteln darauf hinzuwirken, daß das mit
Benachteiligung der gesamten deutschen Volkswirtschaft verbundene Befahren
von Umwegen im Eisenbahngüterverkehr, wie es jetzt aus Rücksichten des
Wettbewerbes zwischen deutschen Eisenbahnverwaltungen stattfindet, abgestellt
wird, und b) demzufolge die in dieser Richtung mit der k. preußischen
Staatseisenbahnverwaltung eingeleiteten Verhandlungen mit aller Energie
zu betreiben.
Die sächsische Presse stimmt den Vorwürfen gegen Preußen zu;
Preußen wolle Sachsen mürbe machen, damit seine Verwaltung in der
preußischen aufgehe. („Dresd. Nachr.“) Finanzminister Dr. Rueger er-
klärt in der Zweiten Kammer (9. Mai), Sachsen lebe auf dem Gebiete der
Eisenbahn mit allen Nachbarn in Frjeden und Freundschaft und ein Eisen-
bahnkrieg mit Preußen bestehe nicht. Differenzen seien noch stets im Wege
der Vereinbarung beglichen worden. Die Behauptung, Preußen treibe
unlauteren Wettbewerb, trete dessen Loyalität in einer Weise entgegen, der
er entschieden widersprechen müsse. Ein Wettbewerb zwischen der sächsischen
und der preußischen Eisenbahnverwaltung finde nur innerhalb der zu-
lässigen Grenzen statt. Wegen des Befahrens von Umwegen im Eisenbahn-
güterverkehr schweben Verhandlungen. Sachsen werde niemals seine Eisen-
bahnhoheit aufgeben.
Die halbamtliche „Leipziger Zeitung“ lehnt jede Eisenbahngemeinschaft
mit Preußen ab, weil diese für Sachsen mit seinen vielen Nebenbahnen,
die aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden würden, schädlich sein
müsse. Außerdem würde Sachsen nicht mehr Herr im eigenen Hause sein.
9. Mai. (Elsaß-Lothringen.) Aufhebung des Diktatur-
paragraphen.
Der Kaiser richtet folgenden Erlaß an den Statthalter:
Um den Bewohnern von Elaß-Lothringen einen besonderen Beweis
Meines Wohlwollens zu geben, sowie im Vertrauen auf die reichstreue
und loyale Gesinnung, welche sich je länger desto mehr in der Bevölkerung
der Reichslande befestigt hat und die Mir bei Meinen wiederholten Be-
suchen dieser dem Vaterlande zurückgewonnenen Länder in unzweideutiger
Weise entgegengetreten ist, will Ich Sie ermächtigen, wegen Aufhebung
des § 10 des Gesetzes vom 30. Dezember 1871 betr. die Einrichtung und
Verwaltung mit dem Reichskanzler in Verbindung zu treten, den Ich er-
mächtigen werde, einen entsprechenden Gesetzentwurf dem Bundesrate vor-
zulegen. Sie wollen diesen Meinen Erlaß zur öffentlichen Kenntnis bringen.
Hohkönigsburg, 9. Mai 1902.
Wilhelm I. R.
10. Mai. (Preußen.) Dem Landtag geht eine Vorlage
über die Ausbildung der höheren Verwaltungsbeamten zu. Hier-
nach sollen Justiz und Verwaltung dasselbe Studium bis zur ersten
Prüfung und eine gemeinsame praktische Ausbildung beim Amts-
gericht erhalten.