Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achtzehnter Jahrgang. 1902. (43)

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Reichsgesetz; darin muß die Berufsinvalidität aufrecht erhalten bleiben. 
2. Einheitliche Beiträge und Renten; Wegfall der Klasseneinteilung bei der 
Pensionskasse; Beseitigung der unständigen Mitgliedschaft. 3. Erhöhung 
der Renten, damit sie den Bedürfnissen der Mitglieder und dem Zweck der 
Kassen entsprechen. 4. Beseitigung jeder Aufrechnung anderer Renten auf 
die Berginvalidenpension. 5. Festsetzung eines Dienstalters (in Jahren), 
nach dessen Ableistung die Berginvalidenpension unbedingt zu gewähren ist, 
ohne daß Bergfertigkeit nachzuweisen wäre. 6. Sicherung der erworbenen 
Mitgliederrechte im Falle freiwilliger oder unfreiwilliger Abkehr von einem 
Vereinswerk. Eventuell Rückzahlung der geleisteten Beiträge unter Abzug 
der entstandenen Verwaltungskosten. 
20. Mai. (Berlin.) Delegiertentag des Verbandes katho- 
lischer Arbeitervereine Nord-- und Ostdeutschlands. 
Ein Antrag, der in der Presse namentlich durch den Frhrn. v. Sa- 
vigny vertreten wird, verlangt die Einrichtung obligatorischer katho- 
lischer Gewerkschaften. Der Antrag, den die Zentrumspresse lebhaft getadelt 
hatte, wird abgelehnt und folgende Fassung angenommen: Der Delegierten- 
tag wolle die nicht obligatorische Gliederung nach beruflichen Fach- 
abteilungen innerhalb der einzelnen katholischen Arbeitervereine beschließen. 
20. Mai. (Preußen.) Dem Landtage geht ein Gesetzentwurf 
über die Ausführung des Schlachtvieh-Fleischbeschaugesetzes zu. 
Danach unterliegen Schweine und Wildschweine, deren Fleisch zum 
Genusse für Menschen verwendet werden soll, in allen Fällen der amtlichen 
Untersuchung auf Trichinen. Rohes oder zubereitetes Fleisch von Schweinen 
und Wildschweinen, das aus einem anderen deutschen Bundesstaat ein- 
geführt wird, ist amtlich auf Trichinen zu untersuchen, sofern es zum Ge- 
nusse für Menschen verwendet werden soll und nicht bereits einer amtlichen 
Trichinenschau unterlegen hat. Hiervon ausgenommen ist geschmolzenes 
Fett, Fleisch in luftdicht verschlossenen Büchsen oder ähnlichen Gefäßen, 
Würste und sonstige Gemenge aus zerkleinertem Fleische sowie zum Ver- 
brauch auf der Reise mitgeführtes Fleisch. In den Gemeinden mit Schlacht- 
hauszwang unterliegen alle in ein öffentliches Schlachthaus gelangenden 
Schlachttiere vor und nach der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung, 
auch insoweit nach dem Reichsgesetz und den Ausführungsbestimmungen 
des Bundesrates ein Untersuchungszwang nicht besteht. 
20. Mai. (Chemnitz.) Die deutsche Lehrerversammlung 
faßt folgenden Beschluß über die gewerbliche Kinderarbeit: 
Die deutsche Lehrerversammlung spricht der Reichsregierung für die 
Einbringung des Gesetzentwurfs betr. die Regelung der gewerblichen Kinder- 
arbeit ihren Dank aus. Zwecks baldiger Regelung auch der landwirt- 
schaftlichen Kinderarbeit wünscht die Versammlung eine amtliche Erhebung. 
Sie verwirft das Prinzip der Erwerbstätigkeit schulpflichtiger Kinder und 
fordert erneut 1. das Verbot jeder Erwerbstätigkeit schulpflichtiger Kinder 
vor vollendetem 12. Lebensjahre, 2. desgleichen das Verbot der Akkord- 
arbeit, Sonntagsarbeit und Doppelbeschäftigung der Schulkinder vor Be- 
ginn des Unterrichts, 3. kurze Arbeitszeit auch für die Ferien, gänzliches 
Verbot für bestimmte Betriebe, staatliche Aufsicht, sowie baldige Ausdehnung 
der Bestimmungen für die Beschäftigung in der Landwirtschaft und in 
häuslichen Diensten. An der Ausführung des Gesetzes ist die Lehrerschaft 
durch Mitwirkung bei Ausstellung der Arbeitskarten und bei der Kontrolle 
zu beteiligen. 
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