Das Denische Reithh und seine einzelnen Glieder. (Januar 14.) 5
meiner vorjährigen Etatsrede das voraussichtliche Defizit des Jahres 1901
auf rund 40 Millionen geschätzt habe. Diese Angabe hat sich im allgemeinen
als zutreffend erwiesen, da das Jahr 1901 tatsächlich mit einem Fehl-
betrage von rund 37½ Millionen abschließt. Die Hauptursache dieses un-
günstigen Ergebnisses liegt in dem Rückgang der Eisenbahn-Einnahmen,
der die Summe von rund 58 Millionen Mark erreicht hat. Die Ueber-
schußverwaltungen insgesamt haben mit einem Minderüberschuß von 33⅛
Millionen Mark abgeschlossen. Die Steigerung der Zivilpersonen hat einen
erheblichen Mehrbedarf verursacht. Die Notstandsbeihilfen für die östlichen
Provinzen haben 9 Millionen Mark betragen und ist es dadurch möglich
geworden, die schlimmsten wirtschaftlichen Kalamitäten von der Landwirt-
schaft jener Gegenden abzuwenden. Die betreffenden Beträge werden sich
übrigens allmählich verzinsen und schließlich zur Staatskasse zurückfließen,
wodurch sich das Defizit etwas vermindern wird. Das laufende Jahr
kann ich nur mit einer gewissen Reserve schätzen, vier Monate stehen noch
aus, und namentlich in diesem Jahre ist kein Mensch in der Lage, zu sehen,
wie sich die Eisenbahn-Einnahmen stellen werden. Ich glaube voraussehen
zu dürfen, daß auch dieses Jahr mit einem Defizit in der Höhe des Vor-
jahres abschließen wird. Ich schätze es auf etwa 35 Millionen. Die
Mindereinnahmen der Eisenbahnen werden bereits jetzt gegen den Etats-
anschlag auf 24 Millionen geschätzt. Die Betriebsverwaltung die in täg-
lichem Kontakt ist mit der täglichen Entwicklung der Dinge, ist natürlich
in ihrer Schätzung für uns maßgebend. Leider haben sich unsere Voraus-
sagen bewahrheitet, der Fehlbetrag ist viel erheblicher bei den Eisenbahnen
als im Etatsansatz. Wir werden wahrscheinlich noch einen weiteren Aus-
fall von 43½ Millionen Mark haben, so daß wir einen Fehlbetrag von
insgesamt 68 Millionen Mark gegenüber 1901 erleben werden. Einige
Positionen in den Verwaltungen stellen sich freilich günstiger. Bei der
Forstverwaltung und den direkten Steuern rechnen wir auf Mehrerträge.
Bezüglich des Verhältnisses zum Reich hat Preußen eine effektive Mehr-
leistung von 15 Millionen Mark zu machen gehabt an Matrikularbeiträgen.
Der Abgeordnete Richter hat sich als der richtige Rechner erwiesen, wie
die Verhältnisse ergeben haben. Im Extraordinarium der Eisenbahnver-
waltung ist eine Ueberschreitung der Etatsansätze zu konstatieren. Wir
haben angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage die Bautätigkeit tun-
lichst erweitert, wir haben in einigen Fällen deshalb die Bauraten, die
uns das Haus bewilligt hat, überschritten. Das Gesamtergebnis des
laufenden Jahres 1902 chäze ich also, wie schon gesagt, ebenfalls auf ein
Defizit von 35 Millionen. Der Ihnen vorgelegte neue Etat für 1903 gibt
mir Gelegenheit, zu erklären, daß ich bezüglich der Anschauung über die
wirtschaftliche Lage genau auf demselben Standpunkt stehe, dem ich im
vorigen Jahre Ausdruck gegeben habe. Wir haben keine Veranlassung,
trübe in die Zukunft zu blicken, aber die Krise ist noch nicht überwunden,
und wir haben allen Anlaß, vorsichtig zu sein. In dieser Ansicht bestärkt
mich vor allem die Lage der Landwirtschaft. Die Getreidepreise sind ständig
im Fallen begriffen, abgesehen von vereinzelten besonderen Erscheinungen.
Die Hoffnung, daß es möglich sein würde, in erheblichem Maß frei ge-
wordene Kräfte der Industrie der Landwirtschaft zuzuführen, hat meiner
Kenntnis nach getrogen. Das Abströmen der Arbeiter vom Lande nach
den Industriebezirken hat freilich infolge der ungünstigen industriellen
Konjunktur in geringerem Maße stattgefunden, aber gelöst ist die wichtige
Arbeiterfrage für die Landwirtschaft noch keineswegs. Zu großer Vorsicht
mahnt die Lage unserer Eisenindustrie, die ich nach wie vor als durchaus
unsicher bezeichnen muß. Charakteristisch ist die Abnahme der Kaufkraft