Das Veeische Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktober 21.—24.) 157
setzt und mitwirkt, wo es gilt, die nationale Ehre zu wahren, die Macht,
das Ansehen und die Wohlfahrt des Reiches zu fördern. (Bravo links.)
In den weiteren Debatten bis zum Schluß der allgemeinen Etats-
debatte (27. Oktober) werden vorwiegend konfessionelle Streitpunkte erörtert.
21. Oktober. Zum Präsidenten des Reichsgerichts wird an
Stelle des zurückgetretenen Dr. v. Ohlschläger der Direktor im
Reichsjustizamt Dr. Gutbrod ernannt.
19./21. Oktober. (Berlin.) Die Finanzminister der größeren
Bundesstaaten beraten über die Finanzierung des Reichshaushalts
für 1904, sowie über Anregungen zur Abstellung der Mängel, die
sich in den zur Zeit geltenden finanzgesetzlichen Bestimmungen des
Reiches bemerklich machen.
22. Oktober. (Sachsen.) Bei den Abgeordnetenwahlen wer-
den in 29 Wahlkreisen gewählt: 17 Konservative, 9 National-
liberale, 1 Reformparteiler, 1 Wildliberaler und 1 Deutschfrei-
finniger. Die Zweite Kammer setzt sich demnach aus 56 Konser-
vativen, 23 Nationalliberalen, 1 Wildliberalen, 1 Deutschfreisinnigen
und 1 Mitglied der Reformpartei zusammen.
24. Oktober. Der oberschlesische Klerus erläßt folgenden Auf-
ruf zu den Landtagswahlen (vgl. S. 103):
Die Interessen der katholischen Sache und die Interessen des ober-
schlesischen Volkes verlangen es dringend, daß wir nach wie vor einig zu-
sammenhalten und unentwegt der alten Fahne des Zentrums folgen. Das
Zentrum ist immer für die berechtigten Interessen des oberschlesischen Volkes
eingetreten und wird dies auch weiter tun gemäß der in seinem Wahl-
aufruf zu den bevorstehenden Landtagswahlen von neuem aufgestellten
Forderung: „Die Religion, die Muttersprache, die volkstümlichen Sitten
und Gebräuche der polnischen Untertanen nicht anzutasten und namentlich
auch ihnen gegenüber nach jeder Richtung hin Gerechtigkeit walten zu
lassen.“ Wir fordern deshalb alle Glaubensgenossen und Landsleute auf,
vollzählig an den bevorstehenden Wahlen zum Landtag sich zu beteiligen
und bei den Wahlmänner= und Abgeordnetenwahlen nur zuverlässigen Zen-
trumsmännern ihre Stimme zu geben.
24. Oktober. (Küstrin.) Der Kaiser nimmt teil an der
Enthüllung eines Denkmals des Großen Kurfürsten und Friedrichs
des Großen. Auf die Ansprache des Bürgermeisters erwidert er:
In patriotischen und warm empfundenen Worten hat soeben der
Herr Bürgermeister im Namen von Küstrin Mir den Willkomm ausge-
sprochen und zugleich den Einfluß, die Wirksamkeit und die Bedeutung
des Herrschers geschildert, dessen Standbild hier enthüllt worden ist. In-
dem Ich Küstrin Meinen herzlichen Dank ausspreche für den begeisterten
Empfang seiner Bürgerschaft und die schöne Ausschmückung ihrer Stadt,
so kann Ich auch hinzufügen, daß es Mich mit Freude und Befriedigung
erfüllt, diese Stätte historischer Erde zu betreten. Wir haben soeben ver-
nommen, auf welcher Grundlage das Leben aufgebaut war. Diese Grund-
lage ist es, die Meinen Vorfahren und Meinem Hause zu der Stellung