204 Die Ssterreichisch-ungarische Menarthie. (Juli 1.—14.)
seien und sich als staatserhaltenden Faktor und als Kraftquelle des Staates
bewährt hätten. Eine der wichtigsten Aufgaben sei die Kräftigung des
Ungartums. Die Agitation gegen das Ungartum dürfe nicht geduldet
werden. Die Interessen der Staatsbürger der anderen Volksstämme seien
von dem Schicksal der Ungarn nicht zu trennen. Wenn es den Ungarn
wohl ergehe, hätten sich stets auch alle anderen Stämme des Wohlergehens
erfreut. Endlich appelliert der Ministerpräsident an die wirtschaftliche
Initiative der Gesellschaft, um durch den materiellen Aufschwung eine kräf-
tige Grundlage nationaler Entwicklung zu schaffen. (Lebhafter Beifall
rechts und im Zentrum.)
1. Juli. Durch Entscheidung der Krone wird die Ouote zu
den gemeinsamen Ausgaben vom 1. Juli 1903 bis 30. Juni 1904
wie bisher für Österreich auf 66/°6 v. H., für Ungarn auf 33/1,
v. H. festgesetzt.
7.11. Juli. (Cisleithanien.) Ende der Ministerkrifis.
Rücktritt Rezeks.
Der Kaiser genehmigt das Entlassungsgesuch des tschechischen Lands-
mannministers Rezek durch ein Schreiben vom 11. Juli, lehnt aber die
Demission Körbers durch folgendes Handschreiben ab:
Mein lieber Dr. v. Körber!
Nach reiflicher Ueberlegung und eingehender Prüfung der Gründe,
welche Sie veranlaßt haben, mir Ihre und des gesamten Ministeriums
Demission anzubieten, vermag ich nicht, trotz der Schwierigkeiten, die nach
Ihrem Dafürhalten die Lage beherrschen und hemmend auf Ihre Tätigkeit
wirken, Ihrer Bitte um Enthebung zu willfahren. Angesichts der in
allernächster Zeit ihre Regelung erheischenden hochwichtigen Angelegenheiten,
welche Ihren bewährten Kräften anvertraut bleiben müssen, bedarf ich Ihrer
überaus wertvollen Dienste auch fernerhin. Indem ich Ihrer und der
übrigen Mitglieder des Ministeriums für die vielfachen bisherigen Ver-
dienste mit Dank und Anerkennung gedenke, zähle ich auf Ihren so oft
erprobten Patriotismus. Ich versichere Sie meines fortdauernden vollen
Vertrauens.
Wien, 7. Juli.
Franz Joseph.
7. Juli. (Ungarn.) Im Abgeordnetenhause erklärt Minister-
präsident Graf Khuen, er hoffe, daß die Krise sich friedlich beilegen
lasse und Neuwahlen nicht nötig seien. — Die Unabhängigkeits-
partei beschließt, an der Aufhebung der Obstruktion festzuhalten.
13. Juli. (Wien.) Reichsfinanzminister Benjamin v. Kallay,
seit 1882 Reichsfinanzminister und Administrator von Bosnien,
63 Jahre alt, f. — Sein Nachfolger wird der bisherige Gesandte
in Athen Frhr. v. Burian (27. Juli).
13. Juli. (Ungarn.) Überschwemmungen richten im Gebiet
der Flüsse Arva, Waag und Poprad großen Schaden an.
14. Juli. (Ungarn.) In Agram explodieren vor den Häu-
sern einiger Geistlicher Dynamitpatronen ohne Schaden anzurichten.